Nachdem sich die Sonne die letzten Tage schon früh am Morgen ziemlich ins Zeug gelegt hatte, meinte sie wohl, heute mal ausschlafen zu können.
Auch wir hatten wunderbar geschlafen, die Tempur-Matratzen waren wirklich bequem und sehr rückenfreundlich.
Beim Aufwachen war es allerdings ziemlich trüb, kein Grund also, sich sonderlich zu beeilen und früh aus dem Haus zu kommen.
Uns gefiel es hier so gut, dass wir am liebsten länger geblieben wären – so versuchten wir zumindest, das schöne Bad mit dem beheizten Boden richtig auszukosten. Eine Dusche mit gutem Wasserdruck, ein Waschbecken mit Mischbatterie – für uns totale Selbstverständlichkeiten, auf der Insel alles andere als normal.
Der Wasserdruck ist fast überall in Großbritannien sehr niedrig, die Duschen tröpfeln eher vor sich hin. Manche Hotels/Bed&Breakfasts werben sogar mit “Powershower”, wenn sie da elektronisch nachhelfen – und das ist dann auch wirklich fast ein Ereignis.
Mischbatterien gibt es hier ziemlich selten, meist gibt es einen Hahn fürs kalte, einen fürs warme Wasser. Man hat also die Wahl, sich zu verbrennen oder eiskalt zu waschen. Gelegentlich gibt es halbherzige Versuche, das zu verbessern, dann hat man zwei Wasserhähne mit einem Ausfluss – aber darin stecken doch zwei getrennte Wasserströme, es kommt dicht nebeneinander ein heißer und ein kalter Wasserstrahl heraus. Nicht wirklich optimal. Aber nicht im Tamarin!
Beim Frühstück begann es bereits zu regnen. Aber das vergaßen wir erst mal, denn Richards Frühstück war fantastisch – eine bunte Mischung frisches Obst, von Mango bis Blaubeeren, frisch gepresster Saft, zum Rührei gab es gegrillte Kirschtomaten, alles wirklich lecker. Vom Esszimmer aus konnte man auf Loch Broom schauen – theoretisch, denn es wurde immer nebliger.
Also zogen wir den Abschied von Val und Richard fast endlos in die Länge … Irgendwann zogen wir dann doch los. Und als es so weit war, hatte der Regen auch aufgehört!
Weit fuhren wir erst mal nicht, schon nach ca. 15 km hielten wir an einem Wasserfall, der in eine tiefe Schlucht fällt – die Falls of Meassach in der Corrieshalloch Gorge.
Eine kleine Wanderung durch lichten Birkenwald zu einer Hängebrücke, die eine schmale, tiefe Schlucht überspannt. Steile Felswände aus pechschwarzem Schiefer ließen alles noch enger und düsterer erscheinen.
Zwar regnete es kaum mehr, als wir weiter fuhren – nur noch ein bisschen Niesel – aber es blieb zunächst diesig. Das führte aber auch zu märchenhaften Lichteffekten.
An der Küste ließ sich die Sonne – noch etwas zaghaft, aber immerhin – wieder ab und zu blicken. Aber noch überwogen die Wolken.
Manche Landausläufer sahen aus wie Tatzen riesiger Echsen, die sich langsam ins Wasser schieben.
Als wir beim Inverewe Garden ankamen, war es schon richtig mollig warm geworden, etwa 16°, in der Sonne deutlich mehr. Von Regen keine Spur mehr, wir konnten die ausgedehnte Gartenanlage also ausgiebig durchwandern. Als Mitglieder im National Trust konnten wir den Garten kostnelos besuchen.
Ein typisch englischer Garten – eine Mischung zwischen Landschaftsgarten, formellen Beeten, Wassergärten, und wundervollen alten Bäumen.
Kleine Teiche im Sonnenlicht …
Terrassengarten am Fjord …
… und eine fantastische Fülle bunter Blumen, die man so hoch im Norden kaum vermuten würde.
Es fiel uns richtig schwer, weiter zu fahren, aber wir wollten ja auch irgendwann mal an unserem Ziel ankommen. Dabei war die Tagesetappe heute mit lediglich ca. 90 Meilen wirklich nicht groß. Aber immer wieder gab es Momente, Orte, Landschaften, wo wir einfach anhalten mussten.
Kurz nach 16 Uhr waren wir dann in Gairloch, einem winzigen Ort. Die Häuser, wie hier üblich, dicht aneinander gereiht an der Hafenpromenade, wobei der Hafen hier gerade mal aus einem Pier bestand.
Nach einem kurzen Rundgang suchten wir erst mal unsere Bleibe “Kerrysdale House”, etwas außerhalb des Ortes. Der Empfang dort war ziemlich kühl – ich hatte vergessen, dass man eigentlich erst ab 18 Uhr anreisen sollte.
Aber wir konnten dann doch unser Zimmer beziehen –allerdings ein deutlicher Abstieg zum Tamarin in Ullapool und vor allem eiskalt. Es gab weder Fußbodenheizung noch einen Thermostat wie im Tamarin , die altmodischen Heizkörper waren eisig und wurden auch nicht warm, als wir sie voll aufdrehten. Und das bei inzwischen nur noch ca. 10° Außentemperatur!
Wir flüchteten erst mal wieder in unser warmes Auto, und als wir auf der Karte, die uns unsere Wirtin in die Hand gedrückt hatte, einen Leuchtturm offenbar direkt hinter Gairloch entdeck hatten, stand das Ziel fest – wir wollten dort hin und noch einen Spaziergang machen.
Die Karte war offenbar nicht maßstabsgerecht, denn statt kurz hinter dem Ort befand sich der Leuchtturm ca. 15 Meilen davon entfernt! Die Straße mutierte zu einer Art Feldweg, der sich auch noch abenteuerlich um Felsen herum schlängelte und mit seinen Steigungen und Gefällen jeder Achterbahn Konkurrenz machte.
Aber das fast unwirklich türkisfarbene Meer und die Landschaft zogen uns irgendwie immer weiter – und irgendwann lag der Leuchtturm dann auch tatsächlich vor uns.
Weit draußen im Meer ein silberner Sonnenstreifen, vor uns der weiße Leuchtturm – das sah nicht schlecht aus und rief nach einem Spaziergang.
Aber wir bekamen die Autotüren kaum auf, so stark war der Wind!! Mir riss es beinahe die Kamera aus der Hand, Dieter stemmte sich gegen den Sturm – die Wanderlust verging uns da doch ziemlich schnell.
Wir ließen es dann auch gut sein, machten uns auf den langen Rückweg und zu einem wohlverdienten Abendessen – Fish & Chips im “New Inn”, sehr lecker, mit schottischem Bier.
Und als wir ins Kerrysdale House zurückkamen, war unser Zimmer erfreulicherweise mollig warm – allerdings stellte sich wenig später heraus, dass unser Bett gerade mal 1,80 m lang war, eine echte Herausforderung für jemand, der 1,86 m groß ist!
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