5. Juli – Vom Rand der Dales in Yorkshires Herz: Ripon

p1130724Ein sonniger Morgen, wir verließen Elslack Grange und seine hochherrschaftliche Gartenanlage.

Obwohl wir heute eigentlich nur einen Katzensprung vor uns hatten – von Skipton nach Ripon wären es auf direktem Weg knapp 40 Meilen, also rund 65 km gewesen – brauchten wir letztlich den ganzen Tag. 

Zum einen hatten wir einige Umwege und Abstecher eingeplant, zum anderen wollten wir uns eine Menge ansehen.

Also ging es ziemlich früh los, wir wollten eine große Kurve fahren, zurück ins Wensleydale. Zunächst gings durch eine ziemlich dramatische Hochmoorlandschaft nach Norden, bis Middleham.

Middleham ist ein Bilderbuchstädtchen, berühmt für die dort gezüchteten Rennpferde, die uns gleich zu Dutzenden auf ihrem Weg zum Morgentraining auf der Straße entgegen kamen. Ich wusste gar nicht, dass Pferde sooo lange Beine haben können!

Es geht sehr steil auf und ab im Ort, man hat überraschende Blicke ins Umland, in kleine Gässchen, uralte Häuser …

Und dann gibt es auch noch ein Schloss – bzw. das, was davon noch übrig ist – , das in der englischen Geschichte sogar eine ziemlich große Rolle gespielt hat…
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und direkt daneben ein Gestüt mit Rassepferden.
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Von der Burgruine ging es zu einer weiteren Ruine. Yorkshire ist förmlich gepflastert mit zum Teil ungemein beeindruckenden Ruinen von Burgen, insbesondere aber von Klöstern, die Heinrich VIII. wegen seiner Fehde mit der katholischen Kirche größtenteils zerstören ließ.

Jervaulx Abbey (seltsamerweise haben viele Klöster französische Namen, oft wurden sie von Zisterziensern aus der Normandie gegründet) ist ein wunderbarer Ort – praktisch ohne Touristen, dabei wird hier nicht mal Eintritt verlangt bzw. es den Besuchern überlassen, ob sie der Aufforderung, pro Person 2,50 Pfund in ein Kästchen zu werfen, nachkommen.

Über eine Wiese, auf der Schafe weideten und aus einem uralten Brunnen tranken,
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näherten wir uns der Ruine, deren Ausdehnung uns völlig verblüffte.

Die Abtei, die 1156 gegründet worden war, gehörte einst zu den reichsten in Nord Yorkshire, und obwohl lediglich die Steingebäude erhalten und alle Holzbauten längst verschwunden sind, kann man ahnen, wie es einmal hier war, als hunderte von Mönchen und Laienbrüder hier lebten und arbeiteten.

Aber nicht nur die Ruinen – die gesamte Umgebung ist wunderschön! Kein Wunder, dass William Turner hier zu einigen Gemälden inspiriert wurde.
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Eine einzige Kloster-Ruine war uns zu wenig, also besuchten wir eine weitere, die wohl bekannteste und berühmteste Yorkshires, die Fountains Abbey, Weltkulturerbe. Auch Fountains Abbey war einst ungeheuer reich, teilweise lebten dort über 1000 Menschen. Die Abtei ist noch etwas älter als die vorherige, sie wurde 1132 von 13 Mönchen gegründet, die dorthin ins Exil gingen, weil ihnen die Regeln im Kloster in York zu lasch waren.

Da sie heute dem National Trust gehört, war der Eintritt für uns frei. Bevor wir die Abtei jedoch zu Gesicht bekamen, war allerdings eine größere Wanderung angesagt, denn die Ruinen liegen in einem Tal am Flüsschen Skell, umgeben von Wäldern und Wiesen.

Wir wanderten bergab durch den Wald, bis dieser sich öffnete und den ersten Blick auf die Ruinen preisgab.

Zum Teil sind die Gebäude erstaunlich gut erhalten, insbesondere das Cellarium hat sogar noch ein Dach.
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Wir umrundeten die Anlage, mussten dabei allerdings ziemlich weit am Fluss entlang, bevor es über eine Brücke wieder auf die andere Seite ging – auch von dort wieder eindrucksvolle Blicke.
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Leider setzte jetzt Regen ein und wir verzogen uns in die trockene Teestube zu Tee und Scones.

Obwohl das Wetter zunehmend launischer wurde und es immer wieder regnete, wagten wir noch einen weiteren Ausflug – zu den Brimham Rocks, einer Ansammlung spektakulärere Felsformationen und ganz in der Nähe. Mit Regenjacken und festen Schuhen ausgerüstet, machten wir uns an die Entdeckung der Fels-Ungetüme, die wahrhaftig zum Staunen waren.

Aber auch die Ausblicke waren trotz des schlechten Wetters überwältigend.
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Die Hoffnung auf noch ein bißchen Sonne erfüllte sich leider nicht. Es wurde auch langsam Zeit, unsere nächste Unterkunft aufzusuchen, also machten wir uns auf den Weg zur Mallard Grange, einem Bauernhof nur wenige Kilometer von der Fountains Abbey entfernt.

Kaum waren wir angekommen, wußten wir, dass wir hier einen Volltreffer gelandet hatten: Maggie begrüßte uns, als wären wir lang vermisste Freunde, unser Zimmer war total gemütlich, die Umgebung wunderschön ländlich, vom Fenster aus konnten wir Pferde grasen sehen.

Wir wohnten in einem ehemaligen Stall, in den Maggie und ihr Mann zwei Fremdenzimmer eingebaut hatten, zwei weitere Zimmer vermietet sie noch im Haupthaus, und alles ist absolut perfekt mit typisch englischem Flair eingerichtet.

Zum Abendessen empfahl Maggie uns das Royal Oak Inn in Ripon und legte uns ans Herz, um Punkt 21 Uhr unbedingt auf dem Marktplatz zu sein, um den Ripon Hornblower zu hören. Die Uhr am schönen Rathaus zeigte gerade 21 Uhr, als wir auf dem Marktplatz ankamen.
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Und tatsächlich, genau um 21 Uhr kam ein älterer Herr in einer Art Uniform, stellte sich an eine Ecke des Marktkreuzes und blies in ein langes Horn. Dies wiederholte er an allen vier Ecken des Kreuzes, dann versammelten sich die Zuschauer um ihn und er erzählte von der Tradition des “Ripon Hornblowers”, der seit über 1 100 Jahren jeden Abend ins Horn bläst und mit dem Spruch endet “Mr. Mayor, the watch is set!”

Zum Schluss unterhielt sich der “Hornblower”, der sich als George Pickles vorstellte, noch mit den Zuschauern. Dabei stellte sich heraus, dass er mit seiner Frau bereits Heidelberg und die Pfalz besucht hatte. So klein ist die Welt…

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