Kopf und Herz sind heute voll mit den tollsten Bildern – die Kamera deutlich weniger.
Nein, sie ist weder kaputt, noch verloren, weder vergessen worden oder wieder geklaut – es war heute mancherorts einfach zu unruhig zum Fotografieren. Dabei fing der Tag völlig ruhig und entspannt an.
Mit einem üppigen Frühstück – mal nicht selbst fabriziert, sondern richtig stilvoll am weiß gedeckten Tisch, mit überwältigender Auswahl an Köstlichkeiten.
Endlich mal wieder Obst satt! Loser Tee zum Aufbrühen! Verschiedene Brotsorten. Schinken, Käse – sogar Eier … Und Julie brachte ständig Nachschub.
OK – an ein Frühstücksbüffet in einem asiatischen Sternehotel kam es natürlich nicht heran, aber 1. gibt es in Australien ohnehin fast überall nur eine eher magere Frühstücksauswahl und 2. sind unsere Ansprüche inzwischen deutlich bescheidener geworden In der Lodge war aber alles von hoher Qualität und mehr als reichlich.
Gut gestärkt wurde der Samstagsmarkt in Salamanca in Angriff genommen.
Hin kamen wir mit dem kostenlosen Shuttlebus, der nette Fahrer (wir waren die einzigen Fahrgäste) erklärte uns unterwegs diverse Sehenswürdigkeiten. Der Markt ist nett und trubelig, es gibt Obst, Gemüse, Essensstände, aber auch eine Menge Kitsch, teilweise auch Kunst, sogar Straßenkunst.
Aber die Preise sind doch ganz schön happig … 14,50 $ für 1kg Kirschen, 15$ für die Pfirsiche – da würde bei uns wohl kaum einer zugreifen!
Wir schlenderten einmal durch die Marktstände, dann ging’s zurück zum Auto, das in der Nähe der Shuttle-Bus Haltestelle geparkt war, denn wir hatten heute noch Größeres vor.
Dazu mussten wir aber erst mal 90 km bis Port Arthur fahren. Schon die Fahrt war ein Erlebnis, die Strecke ist wundervoll, führt durch eine sanfte Landschaft mit Hügeln und Wiesen, auf denen Rinder und Schafe weiden. Kleine Bäche, ab und zu ein Eukalyptuswald, und immer wieder Ausblicke aufs Meer. Schilder, auf denen fangfrische Meeres-Köstlichkeiten angeboten werden. Zwar ist Hummer mit 90-100$ pro Kilo recht teuer, Austern könnten wir jedoch schon für 9,90$ das Dutzend bekommen. Leider mögen wir keine Austern …
Port Arthur, die ehemalige Sträflingskolonie, liegt eigentlich auf einer Insel, die heute jedoch über einen ca. 200 m langen Damm beim Eaglehawk Neck leicht erreichbar ist. Früher war das anders, und viele Sträflinge riskierten (und verloren oft) ihr Leben bei Fluchtversuchen über die damalige Meerenge, die von Wächtern mit ziemlich bissigen Bluthunden kontrolliert wurde.
Die ehemalige Gefängnisanlage wollten wir uns später ansehen – jetzt hatten wir was anderes vor! Da für heute gutes Wetter und ruhige See angekündigt worden war – und das war auch tatsächlich so! – hatten wir gestern Abend eine 3-stündige Bootsfahrt gebucht. Die Tasman Island Cruise startet von Port Arthur und geht entlang der spektakulären Ostküste. Wir hätten zwar auch einen Bustransfer mit buchen können, wollten aber lieber unabhängig sein und sind deshalb selbst her gefahren.
Bei strahlendem Sonnenschein und ca. 27° stiefelten wir mit dem Rest der Gruppe zur Anlegestelle.
Dort verteilte sich die Truppe auf zwei Schlauchboote.
Über der Reling hingen etwas fragwürdig aussehende rote Gummicapes, die uns ausgehändigt wurden – und über die wir alle noch SEHR froh sein sollten! Das Anziehen ging nicht immer reibungslos, aber irgendwann sahen wir alle gleich aus in unseren (je nach Körpergröße) knie- bis wadenlangen Kutten.
Gegen mögliche Seekrankheit wurden Ingwerpillen verteilt. Eigentlich wollte ich keine, weil ich noch nie seekrank war – aber Ingwer mag ich, und wenn’s nichts hilft, so schadet es auch nicht Also wurden brav 2 Pillen geschluckt…
Auch auf dem Nachbarboot war gerade die Pillenverteilung im Gange!
Dann ging’s los! Zur Einstimmung fuhr der Skipper ein paar enge Kurven, bei denen die Reling jeweils fast die Wasseroberfläche berührte und die Mädels laut kreischten. Und ab hier waren Fotos reine Glücksache: Entweder war das Tempo zu schnell, oder die Wellen zu hoch (wir hatten trotz der angeblich ruhigen See bis zu 2m hohe Wellen), so dass das Boot heftig schwankte. Oder es ragte eine Hand, ein Kopf, ein roter Ärmel oder die Kamera eines Mit-Passagiers ins Blickfeld…
Ihr müsst’s mir einfach glauben – die Szenerie war grandios! Senkrecht aufragende Granitsäulen, Terrassen, über die sich das Wasser schäumend ergoss, Wasserfälle und Blowholes.
Hier das Ganze nochmal in bewegten Bildern:
Und dann die Seelöwen – eine reine “Junggesellen-Kolonie” – wir kamen sehr nahe ran an die Felsen und die Jungs setzten sich richtig in Pose!
Danach die 300 m hohen “Needles” – sehr beliebt bei Kletterern! Und Klippen, die fast endlos hoch waren und am Fuß richtige kleine Wasserfälle hatten.
Jetzt war endgültig Schluss mit Fotos – die Fahrt wurde zum Ritt in der Achterbahn, es ging hoch und runter, hin und her – wir mussten uns anschnallen wie im Flugzeug bei Turbulenzen. Durch Wind und Seewasser war es mittlerweile so kalt geworden, dass ich mit meinen klammen Fingern die Kamera weder halten noch bedienen konnte. Mal ganz abgesehen vom Spritzwasser und der wilden Schaukelei.
Aber einfach nur Schauen war auch mal schön (und half gegen die tatsächlich aufgekommene leichte Übelkeit, weil es auf einem schwankenden Boot nicht wirklich gut und sinnvoll ist, laufend durch einen Kamera-Sucher zu sehen). Zumal wir jetzt mitten in einer Vogelkolonie waren – um uns herum segelten riesige majestätische Albatrosse, pfeilschnelle Muttonbirds, kleine Shearwater Birds, Möwen, Tölpel … Wir kamen aus dem Deuten, Schauen, Wundern und Kreischen gar nicht mehr raus.
Ziemlich erschöpft und leicht unterkühlt genossen wir ein paar Minuten in einer paradiesischen Bucht, direkt neben einem Schiffswrack …
… bevor wir nach fast 3 Stunden mit salzverkrusteten Gesichtern und Haaren wieder an Land gingen. Um dort einem weniger freundlichen – aber toten – Tier zu begegnen. Ein paar Fischer hatten drei Haie erlegt, die gerade an Land gebracht worden waren.
Mit leichtem Gruseln betrachteten wir die ganz schön großen Viecher …
Da wir keinen Rundkurs gefahren waren, sondern die Küste hoch, wurden wir von einem Bus zurück zum Ausgangspunkt gebracht. Inzwischen waren wir auch wieder aufgetaut und konnten den nächsten Punkt auf unserer heutigen Tagesordnung angehen: Die alte Sträflingsanlage von Port Arthur. Mitte des 19. Jh. lebten dort bis zu 1.200 Sträflinge, davon ca. 20% Frauen, alle aus England zur Zwangsarbeit hierher exportiert, zum Teil verurteilt wegen lächerlich geringer Vergehen wie dem Diebstahl von einem Laib Brot oder einem Taschentuch.
Und nach Tasmanien – damals “Van Diemens Land” wurden vor allem Sträflinge gebracht, die als fluchtgefährdet galten oder die zu jung waren, um in Australien schwere Arbeit zu verrichten.
Weil wir so spät dran waren – es war schon 17 Uhr durch – kamen wir in den Genuss eines “Afternoon Tickets” zum Preis von 18 statt 35$. Und wir kamen in den Genuss einer fast leeren Anlage, und hatten außerdem noch ein fantastisches Licht.
Vom möglichen Schrecken der damaligen Zeit war nichts mehr zu spüren oder zu sehen, die Gefängnisanlage ist in eine englische Parklandschaft eingebettet, grenzt an das in der Nachmittagssonne tiefblau schimmernde Meer und alles wirkt heiter und freundlich.
Nur das “Separate Prison” wirkt auch heute noch bedrückend. Dort wurden Sträflinge, die sich nicht anpassten, in absoluter Stille abgesondert. Sie lebten in Einzelzellen, durften nicht sprechen und mussten zum Hofgang – jeder in einem eigenen kleinen, von hohen Mauern umgebenen Hof – sogar Kapuzen mit Augenschlitzen überstülpen, damit sie keine Mitgefangenen erkennen konnten, sollten sie ihnen zufällig begegnen.
Auch diese Schrecken sind heute Vergangenheit – und wir waren hingerissen von dem warmen Sommerabend und der wunderschönen Umgebung. Während die Gefängnisgebäude teilweise verfallen sind, wurden die Häuser der Kommandeure, leitenden Beamten und Ärzte gepflegt und stehen verstreut auf dem riesigen Gelände zwischen schönen alten Bäumen.
Der Weg zurück zum Ausgang führte vorbei an der – unvollendeten – Kirche und durch den Blumengarten des Kommandanten.
Die wunderbare Stimmung, traumhaft klares Abendlicht und so gut wie keine anderen Leute machten unseren Besuch hier zu einem echten Highlight!
Zurück in Hobart vertieften wir unsere Bekanntschaft mit dem Blue Eye Trevalla bei Mures noch ein bisschen – war wieder prima! Und das gute hiesige Bier brachte die nötige Bettschwere – die allerdings nach so einem randvollen Tag ohnehin da war.
Die heutige Auto-Strecke (beim Klicken auf “weitere Optionen” offnet sich eine große Karte):
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