23. Februar – Faule Winde und ein laaaanges Flusstal

2015-02-23 23.03. - Nelson 085Schon am frühen Morgen bin ich im T-Shirt, Flipflops an den Füßen, einen Becher heißen Tee in der Hand hoch auf den Damm.

Die Sonne war gerade aufgegangen, das Meer immer noch oder schon wieder weg und noch kein Mensch weit und breit.

Es roch so gut – nach Meer, ein bisschen salzig. Es war frisch, aber nicht kalt. Ein einfach perfekter Spätsommer-Morgen am Meer! 

Auf einer Holzbank sitzen, dem erwachenden Tag zusehen, am heißen Tee nippen …

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Oh, wenn wir doch noch bleiben könnten! In unserer urgemütlichen kleinen Hütte direkt am Meer! Die drinnen so heimelig nach Holz duftet und draußen riecht es nach Meer!

Aber in zwei Tagen müssen wir die Südinsel verlassen, die Fähre ist gebucht, der Mietwagen für die Nordinsel ebenso – also Aufbruch! Und gleich waren wir erneut verzaubert – über dem Meer hing noch der Morgennebel und gab der Küste etwas fast unwirklich märchenhaftes.
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Die Vegetation exotisch – Palmen, Baumfarne, New Zealand Flax, die Küste wild zerklüftet, der Wald dampfte in der Morgensonne …
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Bald hatte sich die Sonne richtig durchgesetzt, die Konturen wurden klarer. Die Straße wand sich sich die Küste entlang, permanent bergauf und bergab.

Wir überholten wieder zahlreiche Tandem-Fahrer. Neugierig geworden forschten wir nach – die Gruppe macht eine 10-tägige Tour durch Neuseeland für den stolzen Preis von mehr als 5000 $ pro Person. Und dafür mussten sie sich tagtäglich ziemlich quälen … aber glücklicherweise hat ja jeder andere Vorlieben.

Wir trafen die Radler, denen wir gestern schon bei den Pancake Rocks begegnet waren, heute wieder am Cape Foulwind. Das heißt nicht so, weil es dort streng riecht, sondern weil die Winde hier richtig gemein sind und früher etliche Segelschiffe in Bedrängnis brachten.

Heute ist das Kap harmlos und Touristen besuchen es nicht wegen der Winde, sondern wegen der Seehunde. Die ziehen dort ihre Jungen auf.

Man könnte ihnen stundenlang zusehen! Aber auch jenseits der Seehund-Kolonie war das Cap wunderschön!
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Und es gab auch noch einen netten kleinen alten Leuchtturm – den man nach einer kurzen Wanderung erreichte.
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Die Weiterfahrt verzögerte sich kurz, weil ein sehr seltsamer Vogel um und unter unserem Auto herum strich und sich kaum vertreiben ließ.
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Sah irgendwie aus wie ein Huhn – war aber, wie wir später rauskriegten – ein flugunfähiges Vogeltier, ein/e (?) Weka.

Ein kurzer Abstecher nach Westport, das aber wenig einladend wirkte und vollkommen menschenleer war. Dann bog die Straße ab ins Landesinnere. Und dann ging’s an einem der längsten Flüsse Neuseelands entlang, dem Buller River. Über 120 km folgte der State Highway 6 dem Fluss, der teilweise dramatisch durch enge Schluchten rauscht und sich dann wieder ein kilometerbreites Bett gegraben hat. (Wer die Route nachverfolgen möchte – die Routen/Karten findet ihr hier )

Nebel zog auf, darüber blauer Himmel.
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Ein kurzer, heftiger Schauer, dann schien wieder die Sonne. Als das Tal mal wieder sehr eng wurde, kamen wir zur Buller Gorge Swingbridge, einer schmalen Seilbrücke, mit 110 m Länge die längste Neuseelands.
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Sie hat keinerlei Versteifungen oder Verstrebungen, sondern schwingt frei von einem Ufer zum anderen und besteht lediglich aus Gitterrosten, die zwischen Seitenteile gelegt sind, die in etwa wie ein besserer “Maschendrahtzaun” aussehen.
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Wir löhnten 10$ und traten auf die Brücke, Dieter zuerst. Es herrschte Gegenverkehr und schon nach wenigen Schritten schwankte das Ganze höllisch. Man konnte nur ganz knapp zwei Füße nebeneinander setzen und die instabilen Seitenteile – die auf dem Foto recht hoch aussehen – gingen mir gerade mal bis zum Po.

Nach ca. 10 Schritten merkte ich, dass ich das mit meiner mangelnden Schwindelfreiheit und Höhenangst nicht durchstehen würde. Außerdem waren Flipflops womöglich auch nicht wirklich das geeignete Schuhwerk für so eine Brücke. Ich bekam Angst, irgendwo unterwegs quasi einzufrieren und weder vor noch zurück zu können. Also tastete ich mich zurück aufs feste Land und sah einfach nur zu, wie Dieter unbekümmert über die Brücke wanderte, unterwegs filmte und auch noch stehen blieb, um einem Jetboot zuzusehen.

Meine Feigheit musste ich bitter bezahlen – nicht nur, dass die 10$ umsonst gezahlt waren, es wimmelte im Gras auch nur so von Stechmücken, die sich mangels anderer Opfer begeistert auf meine nackten Füße stürzten. Nachdem ich am Milford Sound wegen des schlechten Wetters mit nur ein, zwei Stichen bzw. Bissen (Sandflies beißen) praktisch ungeschoren davon gekommen war, zählte ich nach dem Intermezzo an der Buller Bridge rund ein Dutzend stark juckender Bisse (oder Stiche – was das hier genau war, weiß ich nicht, es waren jedenfalls gemeine, winzige schwarze Biester!).

Ohne meine tolle Salbe hätte ich die nächsten Tage wohl nur noch mit Kratzen verbracht, aber die Emla-Salbe enthält ein Lokalanästhetikum , wirkt sehr schnell und man hat dann wirklich ca. 12 Stunden lang absolute Ruhe. Und nach ein, zwei Tagen juckt es auch ohne Salbe nicht mehr.

Nach der engen Schlucht war wieder ein bisschen Allgäu-Feeling angesagt …
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Irgendwie hatten wir vergessen zu tanken. Und natürlich hatte kein einziges der winzigen Käffer, durch die wir kamen, eine Tankstelle. Vor uns lagen rund 80 km, die u.a. über einen Pass gingen. Wir entschlossen uns zu einem Umweg, der a) weniger bergig war und b) einen scheinbar etwas größeren Ort aufwies, St. Arnaud – Gateway zu einer riesigen Skiregion. Dort würde es sicher eine Tankstelle geben … hofften wir.

Wir fuhren über völlig einsame Straßen, kein Auto kam uns entgegen oder überholte uns. Hier sollte man besser nicht ohne Benzin oder mit einer Panne liegen bleiben … Schließlich erreichten wir St. Arnaud. Im Winter ist hier vielleicht was los – im Sommer absolut NICHTS! Praktisch alle Hotels geschlossen – und dass die Häuser zum Teil aussahen, als wären sie direkt aus Bayern oder Österreich importiert, machte das Ganze irgendwie noch gespenstischer.
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Es gab einen kleinen Dorfladen – und der hatte eine Zapfsäule!!! Natürlich war das Benzin so teuer, als wäre es Goldwasser – aber das war jetzt egal, und wir waren wieder fit für unsere letzten Kilometer.

Durch die Golden Downs – runde Hügel mit trockenem Gras – durch Wälder und durch heftigen Regen bewegten wir uns Richtung Nelson. Dort herrschte dann wieder eitel Sonnenschein. Und auch unsere Unterkunft in der Bay Crest Motor Lodge war eine erfreuliche Überraschung – hell, alles neu, geräumig und mit einem extrem netten und hilfsbereiten Wirt. Und mal wieder einer richtig guten Dusche und großen flauschigen Handtüchern.
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Und auch für Unterhaltung war gesorgt, denn der kleine Flughafen war ganz in der Nähe!
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Es waren eher kleine Jets und ab 21 Uhr war Schluss, so dass man ungestört schlafen konnte. Und das taten wir, dank eines wirklich tollen Betts, wie die Murmeltiere. Schließlich wollten wir am nächsten Tag früh raus und mit dem Schiff die Küste des Abel Tasman Nationalparks abgondeln.

Die heutige Route:

2 Kommentare zu “23. Februar – Faule Winde und ein laaaanges Flusstal

  1. Deine Fotos sind ja alle sehr schön, aber von dem allerersten auf dieser Seite bin ich geradezu verzaubert 🙂

    Und was die Emla-Salbe betrifft, so kann auch ich mich nur bedanken für diesen tollen Hinweis.

  2. Danke für den Tipp mit der Emla-Salbe, deren Existenz mir bis zur Lektüre Deines Artikels nicht bekannt war. Die wird ab sofort auch in unserer Reiseapotheke aufgenommen.

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