Da denke ich an Winchester, Salisbury, Canterbury – oder Wells (wobei Wells für mich die schönste ist!) – aber Durham??? Wer kennt schon die Kathedrale von Durham???
Ich jedenfalls nicht, bisher. Allerdings ist sie eine der ältesten britischen Kathedralen. Und die größte romanischen Kirche Europas.
Und wurde bei einer Umfrage in Großbritannien von der Mehrheit zur beliebtesten und schönsten Kathedrale erklärt. Tja dann …
Erbaut in der Rekordzeit von 40 Jahren zwischen 1093 und 1133, Weltkulturerbe. Gerühmt für ihre harmonische Architektur … Gründe genug, sie sich anzusehen. Die Fähre nach Amsterdam legte erst am späten Nachmittag ab, also reichlich Zeit für Sightseeing. Und ein ausgedehntes Frühstück …
Dachten wir. Allerdings hatten unsere Gastgeber das irgendwie missverstanden, denn von dem Moment, wo wir im düster-scharlachroten Speisezimmer Platz genommen hatten bis zu dem Zeitpunkt, wo endlich die Spiegeleier vor uns standen, dauerte es geschlagene 25 Minuten! Und nein – wir hatten kein “Full English Breakfast” geordert, mit Speck, Würstchen, Baked Beans, Pilzen usw., sondern lediglich ein Ei und eine Tomate. Ok, auch Kaffee und Toast – aber kann das sooo schwierig sein???
Immerhin bekamen wir einen richtig guten Tipp von Louise – sie empfahl, nicht mit dem Auto nach Durham rein zu fahren, sondern den Park&Ride Platz bei der Autobahn anzusteuern, dort kostenlos zu parken und für 2 £ pro Person mit dem Bus bis zur Stadtmitte zu fahren. Spätestens als der Bus im Stau stand und wir auch in der Stadt jede Menge Umleitungen und Baustellen sahen, waren wir sehr froh über diesen Rat. So kamen wir stressfrei mitten in die Altstadt.
Und die ist ein echtes Kleinod! Schmale Gassen mit Kopfsteinpflaster winden sich einen Hügel empor, öffnen sich unten zum Marktplatz mit seinen mittelalterlichen Gebäuden und oben zum Cathedral Square, mit der Kathedrale auf der einen, dem Schloss auf der anderen Seite, dazwischen Universitätsbibliothek und Museum.
Anders als bei vielen anderen englischen Kirchen und Klöstern war der Eintritt in die Kathedrale kostenlos. Allerdings durfte man nicht fotografieren, und das wurde von zahlreichen “Wächtern” auch mit Argusaugen kontrolliert. Also keine Fotos vom Inneren, das durchaus bemerkenswert war, immerhin ist hier das normannische Erbe weitestgehend erhalten geblieben.
Und ganz unbekannt war mir die Kathedrale dann doch nicht – in den Harry Potter Filmen dient sie – leicht verfremdet – als Hogwarts School for Witchcraft and Wizardry, das Internat, wo Harry und seine Freunde lernten.
Ein leicht gruseliges Gesicht an der Kirchentür fiel mir auf – der Sanctuary Knocker. Wer im Mittelalter diesen Türklopfer betätigte, konnte Kirchenasyl in Anspruch nehmen.
Keine Flüchtlinge aus dem Ausland, sondern Verbrecher, “those, who had committed a great offence” konnten diese Zuflucht nutzen. Mörder, Diebe oder auch aus dem Gefängnis Geflüchtete erhielten 37 Tage lang Asyl. In dieser Zeit konnten sie entweder ihre weitere Flucht organisieren oder sich mit den Behörden irgendwie einigen.
Wir flüchteten zwar nicht, zogen uns aber zurück aus dem Touristen-Trubel um die Kathedrale und pilgerten hinunter zum Fluss. Und wurden dort nicht nur mit einem schönen Spaziergang, sondern auch mit fantastischen Blicken belohnt.
Das Flüsschen Wey windet sich hier ganz gewaltig, umschließt die gesamte Altstadt, die dadurch auf einer Art Halbinsel liegt, die steil aus dem Fluss aufsteigt.
Uralte Brücken überqueren den Fluss, eine – auf dem obigen Foto ganz hinten im Bild – stammt wie die Kathedrale bereits aus dem 12. Jahrhundert.
Beim Überqueren des Flusses schiebt sich langsam die Kathedrale ins Bild.
Und blickt man zurück, schaut man auf eine weitere alte Brücke (die wir kurz zuvor überquert hatten) – Idylle pur!
Wir beendeten unseren Spaziergang wieder am Market Place, ein kurzer Blick in die Markthalle, die mich stark an asiatische Märkte erinnert – hier gibt es praktisch alles, auch Knöpfe, Bänder, Garne …
Der Shuttle-Bus bringt uns zurück zu unserem Auto, wir steuern unser nächstes Ziel an – das Souter Lighthouse, nur wenige Kilometer vor Newcastle.
Der Leuchtturm ist mit seinen rot-weißen Ringeln ein echter Hingucker – er ist aber auch was ganz besonderes: Der erste Leuchtturm weltweit, der mit Wechselstrom betrieben wurde. 1871 wurde er in Betrieb genommen und erfüllte seine Aufgaben (inklusive Nebelhorn) bis 1988.
Während mein Reisebegleiter hingerissen war vom Leuchtturm, begeisterte mich der kleine Garten beim Leuchtturmwärter-Häuschen viel mehr! Eine so üppig-bunte Blumenwiese hatte ich schon lange nicht mehr gesehen!
Mindestens genauso schön fand ich aber auch die Disteln, die sich wie graziöse Tänzerinnen vor der weißen Cottage Wand im Wind bewegten.
Natürlich kletterten wir die 76 Stufen bis ganz nach oben rauf – aber dort sah man durch die etwas milchigen Scheiben nicht allzu viel. Noch ein Blick in das Leuchtturmwärter Cottage …
… dann ging’s wieder ins Freie. Nicht weit weg vom Leuchtturm erstreckte sich eine wilde Klippen-Landschaft, die sowohl von oben …
… als auch von unten spektakulär aussieht.
Wie wir runter an den Strand gekommen sind? Nein, nicht über die lange, steile Treppe rechts im Bild – sondern mit dem Fahrstuhl! Der ist in dem seltsamen Turm versteckt und bringt die Gäste des Restaurants “The Grotto” nach unten.
Langsam wurde es Zeit, die Fähre anzusteuern, also durch den Tunnel unter dem Tyne River auf die andere Seite und Richtung Fährhafen. Obwohl es erst kurz nach 15 Uhr war, standen dort schon lange Schlangen – und die bewegten sich nur im Schneckentempo vorwärts. Als wir endlich dran waren, merkten wir, was den Check-In so sehr aufhielt: Es wurden stichprobenartig teils akribische Kontrollen durchgeführt – knapp an der Grenze des Lächerlichen!
Wir wurden gefragt, ob wir ein Messer dabei hätten (Ja! Ein Taschenmesser!!) – das wir aber nicht vorzeigen mussten. Die Motorhaube wurde geöffnet und alles mit einer Lampe ausgeleuchtet (wer versteckt denn was im Motorraum???), wir wurden gefragt, ob wir unterwegs Leute kennen gelernt hatten (natürlich!!! so was passiert auf einer Reise!) und ob wir unsere Koffer selbst gepackt hätten …. seufz …. Kontrolliert wurde aber – außer dem Motorraum – nichts…
Irgendwann war das dann auch geschafft. Ein kurzer Abstecher in die Kabine …
… und dann schleunigst aufs Oberdeck, wo die Stimmung ziemlich entspannt war und wir uns ein Abschiedsbier gönnten.
Beim Auslaufen machte sich die Sonne leider ebenfalls davon.
Stattdessen blies ein heftiger Wind, der eine unruhige Nacht versprach. Aber moderne Schiffe bringt nichts so schnell aus der Ruhe – und wir konnten trotz sanftem Schaukeln gut schlafen.
Und kamen pünktlich in Amsterdam an (nach einem wieder sagenhaft guten Frühstück auf dem Schiff – und weil wir recht früh dran waren, sogar mit einem Fensterplatz!). Die Heimfahrt verlief stau-frei und flott – tja und seither sind wir damit beschäftigt, uns an die hiesigen Tropen-Temperaturen zu gewöhnen. Irgendwie war es doch gar nicht soo kalt in Schottland – ich könnte jedenfalls sofort wieder hin!
Zwar nicht sehr weit, aber ziemlich spannend – unsere letzte britische Fahr-Strecke:
Hallo Renate,
das war ja noch mal ein echter Knalleffekt zum Abschluß! Was für eine wundervolle Kathedrale – auch ich habe übrigens noch nie zuvor etwas von Durham gehört und staune, wieviel Schönes es auf unserer Erde noch zu entdecken gibt.
Auch das Städtchen und seine flußumschlungene Lage finde ich ganz zauberhaft; wirklich ein “Kleinod”.
Und am Ende noch die leuchtenden Blumenwiesen – diese Farborgie bildet ein passenden Abschluß für einen herrlichen Tag 🙂
liebe Grüße
Ja – es war wirklich wunderschön! Aber jetzt bin ich sehr gespannt, was du auf deiner bevorstehenden Namibia-Reise erleben wirst!