Ja, okay – er hat unzählige Kurven. Und es geht über insgesamt 4 Pässe… Eigentlich eher Sättel, also nicht wirklich hoch.
Und 12 km der Straße sind unbefestigt. Und man braucht für die rund 150 km gut und gerne um die drei Stunden. Und man muss eine Staatsgrenze passieren …
ABER – der “Forgotten World Highway” ist einfach jede Minute, jeden Kilometer und jeden Höhenmeter wert!!!
Das ist Neuseeland – wie aus einem Bildband über Neuseeland. Das ist Hobbit-Land, mit allem, was dazu gehört. Das ist einfach nur umwerfend schön!
Und tröstet uns dann doch ziemlich darüber hinweg, dass der Taranaki sich auch heute hartnäckig verweigert. Wieder war der Himmel vor uns praktisch wolkenlos, lag das Wiesen-Tälchen vor unserer Terrasse in der Morgensonne (und es war weiterhin gut warm!).
Auch das arme Schäfchen schien zu schwitzen …
Hoffnungsfroh fuhren wir los – und schon oben an der Straße sahen wir, dass der Taranaki sich wieder eine Wolkendecke umgelegt hatte … Da war einfach nichts drin für uns … 🙁
Wir umrundeten den Berg teilweise auf der Nord- und Ostseite, wandten ihm dann aber ab Stratford den Rücken zu – hier beginnt der “Forgotten World Highway”!
Die Straße wird auch als “Heritage Trail” vermarktet, weil sie durch extrem abgeschiedene Ecken des Landes führt, wo sich bis heute nur wenig verändert hat. Man sollte unbedingt seine Tankuhr im Blick haben bzw. vorher noch mal volltanken – eine Tankstelle gibt es auf der ganzen Strecke nicht. Und auch weder Internet noch Mobilfunk-Empfang … (Aber immerhin 3 Toiletten!)
Anfangs kommt er irgendwie ganz normal daher – Weiden, Wiesen, Kühe …
Dann schlängelt sich die Straße zur ersten Anhöhe empor und bietet einen Blick über eine sanfte Hügellandschaft.
(Viele Bilder von heute sind wieder “Fahr-Bilder”, also aus dem fahrenden Auto geschossen – denn man konnte nur selten anhalten! Deshalb die leider teilweise miserable Auflösung.)
Kleine Schilder am Straßenrand informieren über die Straße, die Gegend und die Geschichte von Land und Leuten.
Wir erfahren, dass wir jetzt im “Hinterland” angekommen sind.
Und nicht nur mir fällt auf, dass die Rinder jetzt ausschließlich männlich sind, für Milchvieh wäre die Gegend wohl zu einsam, denn da müsste man ja zum Melken weite Strecken zurück legen.
Vom Strathmore Saddle hat man erneut weite Blicke ins Land.
Und es geht wieder runter, Kurve um Kurve …
Zwischendurch auch mal dichter Urwald.
Und dann … dann verlassen wir Neuseeland kurzzeitig und betreten die Republik Whangamomona.
Die Republik wurde 1989 gegründet, aus Protest gegen eine Gebietsreform. Alle zwei Jahre wird der “Republic Day” gefeiert, mit Kuhfladen-Weitwurf, Baden mit Aalen und Peitschen-Knall-Wettbewerb.
Tja – und da wir schon mal da waren, steuerte ich sofort das Passbüro an und ließ mich einbürgern. Pässe gibt’s praktischerweise dort, wo wir sowieso eine Pause machen wollten – im Whangamomona Hotel.
Wenn die Passbeamtin nicht gerade Bier zapft oder Kaffee kocht, stellt sie Pässe aus. Und fragt vorher akribisch nach, ob man auch eine würdige neue Staatsbürgerin ist.
Auf ihre Frage, ob ich vorbestraft sei, erwiderte ich “Nein – aber falls doch, würde ich es nicht sagen” . Offenbar die richtige Antwort, denn sie strahlte und meinte “That’s the right attitude!!!” und stellte schwuppdiwupp meinen neuen Pass aus. (Beim Geburtsdatum dürfen Ladies hier übrigens kräftig mogeln … )
So, jetzt hab ich also die doppelte Staatsbürgerschaft und kann jederzeit in die Republik Whangamomona auswandern. Die nächsten Wahlen sind hier übrigens im Januar 2017 …
Und was gibt es noch in der Republik??? Eine (1!) Parkuhr (links im Bild – die hängt allerdings da, wo kein Mensch parkt …)
Eine Durchgangsstraße …
Ein ziemlich geschlossen aussehendes Postamt.
Eine Kirche.
Und natürlich das Hotel.
Unsere Fahrt ging weiter … über die Landesgrenze, zurück nach Neuseeland.
Der Tahora Sattel war die nächste Anhöhe.
Dann wurde es staubig: 12 km lang geht es durch die Tangarakau Schlucht und 12 km lang ist die Straße nicht asphaltiert. Zum Glück hielt sich der Verkehr in engen Grenzen, und damit auch der Staub.
Vor einer Brücke war ein Hinweis auf die Grabstätte von Joshua Morgan, einem Pionier, der hier 1893 begraben wurde. Die kleine Grabstätte ist mit einem weißen Zaun umgeben und gut vom anderen Ufer aus zwischen den Farnen erkennbar.
Minuten später war die Straße komplett blockiert – eine riesige Schafherde stand uns gegenüber!
Klar, dass wir erst mal aussteigen, um uns die Sache anzusehen!
Die resolute Schäferin wies uns an, einfach ganz langsam, im Schritt-Tempo, in die Herde hinein zu fahren – und tatsächlich – die Gruppe teilte sich wie das Rote Meer.
Dann war die Straße wieder frei und es ging weiter.
Dann war Taumarunui erreicht – die “normale” Welt hatte uns wieder! Die bestand aus einem guten Kaffee in Annas Café, direkt an der Hauptstraße, mit echtem Kaffeehaus-Charme.
Wenig später waren wir im Bereich des Tongariro Nationalparks. Da das Wetter weiterhin (entgegen der Vorhersagen) sehr gut war, fuhren wir zunächst bis Whakapapa Village, wo das riesige bonbonfarbene Tongariro Chateau Hotel wie ein Fossil aus vergangenen Zeiten thront.
Vom Dorf aus hatte man einen fantastischen Blick auf die kleineren Vulkane, den Mt. Tongariro und den Mt. Ngaunurhoe, ein echter Bilderbuch-Vulkan.
Beide sind recht aktiv, der Tongariro ist zuletzt 2012 und Anfang 2013 ausgebrochen. Ein Stückchen weiter gab es dann auch tolle Blicke auf den Mt. Ruapeho, mit knapp 2 800 m der höchste Berg der Nordinsel. Auch er ist ziemlich aktiv , die letzten großen Ausbrüche liegen allerdings schon 20 Jahre zurück.
Dann hatten wir unsere heutige Unterkunft in Horopito – einem Ort, der eigentlich keiner ist und nur aus einigen wenigen Häusern besteht – erreicht. Und da verschlug es uns fast die Sprache: Wir kamen ja gerade von einem ziemlich luxuriösen Domizil, das praktisch keine Wünsche offen ließ – aber die Tongariro Suites toppen alles, was wir bisher erlebt haben!
Carel und Denise, gebürtige Holländer, haben hier etwas einzigartiges auf die Beine gestellt: Ein Gästehaus, mit nur 4 Zimmern bzw. Suiten, und absolut autonom!
Strom kommt von Sonne und Wind, Regenwasser wird aufgefangen und gereinigt, eine andere Wasserversorgung gibt es nicht. Der Abfall wird derart akribisch getrennt, dass für das ganze Gästehaus wöchentlich nur ein kleiner Beutel Restmüll anfällt. Alles andere wird recycelt, kompostiert oder anderweitig weiter verwendet. So werden aus den Flusen von Waschmaschine und Wäschetrockner Anzünder für die Kaminöfen gedreht…
Wer jetzt mit Jugendherbergs-Niveau rechnet, liegt total daneben – das Ganze ist Luxus pur! Das beginnt bei edlen Materialien im ganzen Haus, hier ist nichts furniert, alles massives Holz. Dunkler Granit im Bad, Wollteppiche im Wohnraum, Betten, aus denen man nie wieder raus will – bezogen mit feinster Baumwolle, versteht sich.
Wir hatten das kleinste und billigste Zimmer im Haus – aber einen Million-Dollar-Blick, vom Bett und von der Terrasse. Das war das Zimmer:
Und das die Aussicht:
Es muss wohl nicht extra erwähnt werden, dass leckerste Frühstücks-Zutaten im Kühlschrank standen …
Carel verwöhnt seine Gäste aber noch mehr: Schon bei der Ankunft wurden wir wie alte Freunde begrüßt und am frühen Abend fanden sich alle 8 Gäste auf der Gemeinschafts-Terrasse ein, wo Carel Wein und Tapas servierte… Und meinte, die Interaktion mit seinen Gästen sei sein größtes Vergnügen!
Wenn nicht die wenig überzeugende Leistung des Restaurants in Ohakune, dem Nachbarort, gewesen wäre, wäre es ein absolut perfekter Tag gewesen (den bockigen Taranaki hatten wir längst vergessen!) – aber auch das Paradies ist eben nicht ganz ohne Mängel 😉
Immerhin konnten wir mit einem Traum-Blick ins Reich der Träume gleiten!
So sind wir heute gefahren:
Meine Güte, dieses Neuseeland ist so zauberhaft! Da habt ihr ja einen traumhaften Ausflug unternommen und die Fotos sind dafür, dass du sie aus dem Auto heraus geschossen hast, ziemlich gut geworden. Was für eine Landschaft und so viel Sonne. Ich mochte natürlich die dicke Schafherde am liebsten :). Witzig finde ich die Geschichte mit der kleinen trotzigen Republik. Davon habe ich noch nie gehört. Sehr interessant. Aber dass die so einfach Pässe ausgeben ist ja eher seltsam, aber vermutlich ist das Ganze ja auch eher mit einem Augenzwinkern zu sehen. Der Pass ist auf jeden Fall ein tolles Souvenir und lohnt sich bestimmt, am Flughafen vorzuzeigen :). Ich wünsche euch noch eine tolle Zeit und vielen Dank für die märchenhaften Eindrücke aus dem Land der Hobbits.
Liebste Grüße
Steffi
Ja, Neuseeland ist märchenhaft – erinnert mich aber mit seinen “rollenden” Hügeln auch gelegentlich ein bisschen an Yorkshire 😉 Da müssten wir auch mal wieder hin…
Dir wünsche ich alles Gute und ganz viel Erfolg mit deinem Buch-Projekt – bin gespant, wie die Sache weiter geht!!!