Von Zingst nach Rügen ist es nicht wirklich weit. Aber – die Fahrt dauert doch deutlich länger als gedacht, weil die Sträßchen durch eine wunderschöne Spätsommer-Landschaft führen. Schnelles Fahren geht da irgendwie gar nicht 🙂
Und man muss auch noch aufpassen, dass man nicht ausgerechnet dann an die Meiningen-Brücke zwischen Zingst und Barth kommt, wenn diese gerade für Schiffe geöffnet ist. Dann steht man nämlich eine ganze Weile ….
Rügen ist eine Insel – Deutschlands größte – also muss man auch da wieder über eine Brücke. Eine ziemlich lange, ziemlich schöne und noch ziemlich neue, die erst seit 2007 den früheren Strelasund-Damm ergänzt.
(Foto: klugschnacker, auf Wikipedia)
Über wunderbare Alleen – inzwischen ganz überwiegend nicht mehr mit Kopfsteinpflaster –
fuhren wir praktisch bis ans andere Ende der Insel – zum Kap Arkona. 43 m hoch ragt hier die Steilküste – aus schneeweiße Kreide – aus dem Meer empor. Allerdings kommt man da nicht wirklich mit dem Auto hin, das muss man bei Putgarten auf einem Parkplatz abstellen und mit einem kleinen Elektro-Bähnchen weiter fahren.
Wir zuckelten mit dem Bähnchen bis zur Endhaltestelle bei den drei Türmen. Warum es hier gleich drei Leuchttürme sein mussten, konnten wir nicht ergründen, eindrucksvoll sind sie aber auf jeden Fall. Neben dem kleineren viereckigen Schinkel-Turm aus rotem Backstein, der schon fast 200 Jahre alt ist, ragt ein deutlich höherer runder Turm auf, das Leuchtfeuer Kap Arkona – auch schon mehr als 100 Jahre alt, aber noch voll funktionstüchtig.
Ein Stückchen weiter entfernt steht dann der dritte Turm – der Peilturm.
Das Ganze war zu Beginn des letzten Jh. eine ziemlich ausgedehnte militärische Anlage, mit weit verzweigten unterirdischen Gängen und Bunkern. Von oben sieht man nicht viel davon – nur zahlreiche Lüftungsrohre, die wie Riesenwürmer aus der Erde gucken, geben Hinweise auf das, was darunter verborgen ist.
Eigentlich wollten wir über eine der Treppen runter zum Meer und die Steilküste von unten bestaunen, aber nahezu alle Treppen waren gesperrt, weil in jüngster Zeit immer wieder Teile der Kreidefelsen herab stürzen. Aber ob mit oder ohne Kreidefelsen, erst mal gab’s eine kurze Wanderung zum nördlichsten Punkt Rügens.
Da ist die Küste zwar nicht besonders steil, aber das Meer dafür unglaublich blau! Und die Äpfel werden auch demnächst reif …
Wir beschlossen, die ca. 2,5 km bis zum Fischerdörfchen Vitt oben am Ufer entlang zu laufen – hofften auf tolle Blicke von oben aufs Meer, aber auch hier war wieder einiges gesperrt. Allzuviel Sicht war leider nicht, nur hin und wieder konnte man einen Blick zurück erhaschen.
Das kleine Dorf bietet jede Menge Kulinarisches – und auch eine einfach tolle Szenerie!
Vorbei an reet-gedeckten Fischerhäuschen wanderten wir zur Haltestelle des Elektro-Bähnchens, das uns zum Auto zurück brachte.
Wieder ging es durch grüne Baum-Tunnel – eine wunderschöne Allee nach der anderen! Man mag sich kaum vorstellen, dass es massive Bestrebungen gibt, sie abzuholzen, weil etliche Straßen verbreitert werden sollen.
Unser nächstes Ziel war der Königsstuhl im NP Jasmund. Vor mehr als 20 Jahren waren wir hier schon einmal – damals konnte man sich frei und ungehindert bewegen. Heute – ist das GANZ anders! Heute gibt es dort ein Besucherzentrum mit Multi-Media-Angebot – und man soll 8,50€ bezahlen, nur um die Kreidefelsen zu sehen!
Das fanden wir dann doch ziemlich happig und machten uns rechts vom Besucherzentrum auf den Weg durch die Buchenwälder, in der Hoffnung, doch einen Blick zu erhaschen. Und es dauerte auch nicht lange – dann kam eine kleine Plattform, die einen tollen Blick auf den 118 m hohen Kreidefelsen, den Königsstuhl, ermöglicht!
Noch ein Stückchen weiter waren wir dann genau an dem Platz, der König Wilhelm I. und Kronprinzessin Viktoria von Preußen bei deren Besuch am 10. Juni 1865 so sehr begeistert hatte, dass der Fleck jetzt den Namen “Victoria-Sicht” trägt.
Eine schmale Plattform ragt hinaus über eine weiße, schlangenförmige Felsformation – die Sicht in die Tiefe ist atemberaubend. Dieser Anblick hat schon Caspar David Friedrich (und noch einige andere) inspiriert – auch wir sind fasziniert.
So viel Natur macht hungrig – in Sassnitz gibt es am Hafen Kaffee und Kuchen, imposante Hotels und jede Menge Fischerboote.
Letzte größere Station für heute ist Binz. In dem traditionsreichen Badeort steppt der Bär – Strand und Wasser sind dicht bevölkert, auf der Promenade sind alle Cafés rappelvoll, und wir lernen, dass man auch mit der Nase flöten kann … 😉
Auch auf der prachtvollen Seebrücke von Sellin ist ziemlich viel los.
Einfach wunderschön sind die – meist weißen – Villen. Binz und Sellin haben eine lange Tradition als Badeorte – schon im 19. Jh. kam man hierher und logierte nicht in Hotels, sondern in Logierhäusern im Villenstil der Bäderarchitektur. Perfekt restauriert strahlen sie jetzt wieder im alten Glanz – und erinnern an Zeiten, als man hier nicht einfach nur Urlaub machte, sondern in den Ostsee-Badeorten kurte.
Wir hatten jedoch noch ein allerletztes Ziel – das absolut weltbeste Fischbrötchen (oder zumindest das beste auf Rügen 🙂 ) musste noch sein heute! Und das gibt es in Lauterbach!!! Im Hafen!!! Auf dem Räucherschiff Berta!!!
Dass die Brötchen dort einfach richtig gut sind, ist keinesfalls nur meine persönliche Meinung – nein, von Reiseführern über Yelp bis hin zu Reisebloggern ist man einhellig der Meinung, dass es besser und knuspriger kaum geht.
Probiert haben wir schon mal vor ein paar Jahren – und es war einfach nur gut. Also gab’s auch heute einen Abstecher in den winzigen Ort bei Putbus – und obwohl die Jungs auf der Berta eigentlich gerade dicht machen wollten, bekamen wir noch unsere Heringsbrötchen und Bier! Und waren auch dieses Mal wieder total begeistert!
Eine wunderbare Abendstimmung in dem kleinen Hafen, Abendsonne, Möwen – und was Leckeres zwischen den Zähnen – was will man mehr???
Satt und sehr zufrieden machen wir uns in der warmen Abendsonne auf den Heimweg nach Zingst … und wünschen, wir könnten einfach noch eine Weile an der Ostsee bleiben.
Unsere heutige Route:
Ein wunderschöner Tag; speziell bei dem augenblicklichen naßkalten, trüben Spätherbstwetter weckt er große Sehnsucht nach Sommer und Meer.
Die berühmten Kreidefelsen sind natürlich spektakulär, aber ich habe ein besonderes Faible für die herrlichen Alleen – wenn man die tatsächlich abholzen würde, wäre das in meinen Augen ein unverzeihliches Verbrechen!