Bangkok – ganz still

p1260374-2Auf den ersten Blick ist alles wie immer.
Auf den zweiten Blick ist vieles ganz anders.

Es scheinen weniger Touristen hier zu sein. Es ist irgendwie ruhiger. Es wird weniger gehupt, nirgendwo hört man laute Musik – sogar die Partyboote auf dem Chao Phraya scheinen leiser zu sein.

Bangkok trauert. Um den kürzlich verstorbenen, von allen geliebten und verehrten König Bhumipol. Wie sehr, haben wir heute erlebt.

Dabei wollten wir einfach nur wieder eine ruhige Ecke besuchen.p1260291
Stiegen ins Hotelboot, das uns zur Haltestelle des Skytrains brachte. Fuhren bis National Stadium – hier überraschte mich ein Gemälde an der Hauswand.

Von dort ist es nur eine kurze Strecke zum Jim Thompson House. Das ehemalige Heim des amerikanischen Architekten und Unternehmers, der die Seiden-Industrie in Thailand wieder zur Blüte brachte und 1967 in den Cameron Highlands in Malaysia verschwand, ist heute ein Museum.

Auch wer das Haus nicht besuchen möchte (wir wir, denn wir waren schon mal dort), sollte wenigstens einen Blick in den hübschen Innenhof werfen.

Der ist nicht nur eine grüne Oase, sondern es gibt auch eine kleine Einführung in die Seiden-Herstellung. Der Weg vom gelben oder weißen Kokon über die gleichfarbige Rohseide bis zu den edelstein-bunt gefärbten Seidenfäden, aus denen traumhafte (und teure) Produkte gefertigt werden, wird hier anschaulich dargestellt.

Wer noch ein Souvenir oder Mitbringsel sucht, wird in der Boutique garantiert fündig – die Qualität ist jedenfalls top!

Am Jim Thompson House vorbei geht es weiter zum Klong Saen Saep. Dort geht man unter überhängenden Bougainvilleas, Frangipanis und anderen Bäumen den stillen Kanal entlang.

Wir passieren kleine Häuser und Lädchen, laufen plötzlich mitten durch ein Restaurant. Der Kellner fragt uns „Where are your from?“ und nach unserer Antwort erklärt er begeistert „Hoffenheim!!! Great Club!!! But I like Dortmund more“

So einfach kann die Welt sein 😉 Nach einem kurzen Fussball-Gespräch gehen wir weiter, wechseln auf die andere Seite und später wieder zurück.
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Es ist unglaublich ruhig hier und viele Menschen tragen Schwarz oder zumindest eine schwarze Schleife an Hemd oder Bluse. Die Stille am Wasser wird nur ab und zu unterbrochen durch die heran rasenden Klong-Boote.
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An der nächsten Haltestelle steigen auch wir ins Boot ein. Ohne eine halbwegs konkrete Vorstellung, wie so eine Haltestelle aussieht und wo sie ist, findet man sie allerdings nicht ohne weiteres – so sieht sie aus:
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Das Boot braust heran, stoppt ganz kurz …
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… und man muss zusehen, dass man schnellstens reinklettert. Innen ist es eng und ziemich improvisiert – die Passagiere halten sich an Seilen an der Decke fest …
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… die Fahrkartenkontrolleure tragen Sturzhelme und turnen außen auf der Reling entlang.

Die Endhaltestelle war unser Ziel – wir wollten zum Wat Saket (dem Golden Mount).
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Der Weg dorthin führt durch die Straße der Zimmerleute – es riecht intensiv nach Holz, es wird gehämmert und gesägt, gefeilt und geleimt.

79 m hoch thront der künstliche Berg mitten in der Stadt. Seine Geschichte ist lang – von der ursprünglichen Verbrennungsstätte für Angehörige des Hofes und später aller Bürger der Stadt bis hin zum Aufbau des Hügels, der von Tausenden Teakholzstämmen stabilisiert wird, dauerte es über 100 Jahre.

Obwohl wir schon mehr als 20 Mal in Bangkok waren, bin ich noch nie auf den Golden Mount gestiegen.

Bevor der Aufstieg in Angriff genommen wird, gibt es eine kleine Stärkung in einem der Straßencafés, mit Blick auf den Berg. Dann entrichten wir 20 Baht (ca. 0,50€) Gebühr und nehmen die 344 Stufen in Angriff, die zum Gipfel führen.
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Der Weg ist zunächst schattig und sehr abwechslungsreich 😉 Neben der Treppe ist ein wildes Sammelsurium aus Devotionalien und Kitsch aufgebaut, kleine künstliche Wasserfälle spenden Kühlung und alles ist reichlich mit rosa Flamingos garniert.

Ein paar Stufen weiter (die übrigens sehr flach und gut zu gehen sind) kommt ein Absatz, eine Reihe Bronze-Glocken und ein riesiger Gong mit einem noch riesigeren Klöppel versinnbildlichen das weibliche und männliche Prinzip – und laden natürlich dazu ein, ordentlich Krach zu machen.
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Da nur ganz wenige Touristen hier sind, bleibt es allerdings auch hier weitgehend ruhig. Außer den über Lautsprecher an den Treppen übertragenen monotonen Mantras eines Mönches ist nichts zu hören.

Der Weg führt jetzt schattenlos weiter in die Höhe.
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Wie auch an anderen heiligen Orten wird heftig renoviert – man bereitet alles vor für die Kremation des Königs, die wohl im Herbst stattfinden wird. Waghalsig hängen zwei Maler an Seilen – eingehüllt in einen durchdringenden Gestank nach Lösungsmitteln.

Der Blick von oben über Stadt ist beeindruckend. Auch hier Ruhe, lediglich Gebete aus den Lautsprechern sind zu hören.
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Auf dem Weg nach unten kommen wir an einer makabren Gedenkstätte vorbei. Bevor der Golden Mount errichtet wurde, war hier eine Verbrennungsstätte. Weil die Armen sich eine Verbrennung ihrer Toten oft nicht leisten konnten, wurden sie hier einfach abgelegt und den gefräßigen Geiern überlassen.
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Ein paar Meter weiter verkaufen Nonnen Kerzen für so ziemlich alle Lebenslagen – hübsch als Lotosblüten gestaltet.
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Dann sind wir wieder unten, es geht weiter die Holzschnitzer-Straße entlang. Kurz vor der Brücke wird es laut – man hört, dass Metall bearbeitet wird und gleich sehen wir auch, was genau: Ein Mann und eine Frau stellen hier Almosenschalen für Mönche her.
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Über die Brücke geht es weiter, eine enge Straße entlang, in der der gläubige Haushalte verschiedener Richtungen alles finden, um ihr Heim auszustaffieren. Auch riesige Statuen für den Garten sind im Angebot.
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Auch Mönche können hier eingekleidet und mit allem Nötigen ausstaffiert werden.
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Es geht vorbei an der Großen Schaukel und dem eindrucksvollen Wat Suthat, einem der größten Bangkoks. Den kennen wir allerdings schon gut, dieses Mal besuchen wir ihn deshalb nicht.

Stattdessen überqueren wir einen Kanal …
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Jetzt sind wir in der Straße, die zum Königspalast führt, kein Verkehr, nur schwarz gekleidete Menschen, die zielstrebig Richtung Palast gehen.
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Um den Palast herum ist alles weiträumig abgesperrt, Soldaten führen Taschenkontrollen durch, sind aber sehr freundlich.
Vorbei am Lak Mueang, einem Schrein, der den Stadtpfeiler Bangkoks beherbergt, gehen wir Richtung Sanam Luang. Auch am Lak Mueang Schrein ist es total still, nur zwei oder drei Besucher, wo sich sonst die Menschenmassen drängen.
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Kaum Touristen mit Selfiesticks vor den rosa Elefanten vor dem Sanam Luang …
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… keine Menschen- und Auto-/Tutuk-Massen vor dem Palast.
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Der gesamte riesige Sanam Luang, wo sonst reges Treiben herrst und am Wochenende Drachen steigen, ist komplett abgesperrt, Zelte sind dort aufgebaut.
Und dann sehen wir – eine schier unendliche Flut schwarz gekleideter Menschen, die still und geordnet in endlosen Schlangen zum Eingang des Königspalastes strebt.p1260387
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Es müssen Tausende sein! Kaum ein Wort ist zu hören, alle sind – teilweise von weit her, mit Bussen – gekommen, um von dem hier aufgebahrten König Abschied zu nehmen.
Wir kämpfen uns durch die Menge Richtung Bootsanleger, bestaunen noch die liebevoll auf eine Wand gemalten Erinnerungen an die Lebensstationen des Königs …
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…. und reihen uns dann unsererseits ein in die langen Schlangen am Fähranleger. Da die benachbarte Haltestelle am Wat Po (Tha Tien) derzeit wegen Umbau geschlossen ist (stattdessen wird der Wat Arun direkt angefahren), drängen sich auch die Fahrgäste, die sonst dort einsteigen würden, alle an der Tha Chang.

Nach rund 30 Minuten haben wir es geschafft, sind im Boot und gondeln heimwärts.

Nach der vielen Lauferei gibt es abends eine ordentliche Fußmassage und anschließend sind wir wieder mal zu faul, woanders hinzugehen, als ins „Be My Guest“. Warum auch – wenn das Essen gut und die Aussicht einfach toll ist!
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3 Kommentare zu “Bangkok – ganz still

  1. Eine wunderschöne Führung durch die Stadt, insbesondere der Weg entlang des malerischen Klon Saen Saep hat es mir angetan.
    Auch ich frage mich immer wieder, wo du die Zeit hernimmst, nach einem solch erlebnisreichen Tag auch noch einen gut formulierten und schön bebilderten Beitrag wie diesen zu verfassen. Das grenzt für mich an ein Wunder 🙂

  2. Hab vielen Dank für Deine Berichte. Bald sind wir auch wieder in BKK, übrigens im selben Hotel und das schon zum dritten Mal. Freut uns sehr, daß das Be my guest immer noch so gut ist.Hat uns vor Jahren eine Thailänderin empfohlen. Golden Mount und Tompson House haben wir schon besucht. Danke für den Tip Steve Cafe und die Bootsfahrt.
    Einen Besuch ist das Lai Thai Turtle House wert. Wir haben es vor ca. drei Jahren besucht. Der Garten ist wunderschön und die Schildkröte lebt auch noch. Bekannt wurde es durch den Schriftsteller Terzani, es war mal sein Wohnhaus in BKK.
    Viel Spaß noch.

    • Danke für den Tipp mit dem Turtle House! Das müssen wir uns allerdings für die Rückreise aufheben, denn inzwischen sind wir schon in Mae Sot und überqueren morgen die Grenze nach Myanmar.

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