Beim Auschecken werden wir an der Rezeption des Mantarays Resort gefragt, wo es heute hin geht.
“Carnarvon” sagen wir – betonen es wie “Karneval” auf dem ersten “A”. Wir ernten einen verwirrten Blick und werden freundlich korrigiert.
“Carnarvon” betont man nämlich wie “Kanaren”, also auf dem zweiten “A” … Wieder was gelernt.
Englische Ortsnamen sind manchmal nicht unkompliziert.
Getankt haben wir schon gestern, können also nach einem ausgedehnten Frühstück gleich los.
Wir fahren durch eine Landschaft, die – trotz enormer Hitze – etwas frühlingshaftes hat. Saftig-grünes Gras und zarte gelbe Blümchen leuchten förmlich unter den teils verbrannten Bäumen.
Die sind hier filigran und zierlich, scheinen fast über dem grünen Teppich zu tanzen …
Am frühen Nachmittag kommen wir in Carnavon an – ein ziemlich nichtssagendes kleines Örtchen. Dabei ist es quasi der Obstgarten West Australiens – riesige Plantagen mit Bananen-Stauden, Mango- und Orangenbäumen, außerdem Melonen, Avocados und vieles mehr. Ca. 80% der in Western Australia verkauften Bananen stammen von hier.
Wir checken in einem kleinen Motel ein, das sich in nichts von unzähligen ähnlichen Unterkünften unterscheidet, in denen wir schon übernachtet haben.
Obwohl – ein paar kleine Besonderheiten hatte das Canarvon Motel dann doch aufzuweisen: Vor dem Fenster unseres Zimmer standen große Matratzen – zunächst dachte ich, die seien absichtlich dort hin gestellt worden, damit das Fenster vor der prallen Sonne geschützt ist. War zwar gut gemeint, machte aber das Zimmer total dunkel. Deshalb marschierte ich zur Rezeption und fragte nach. Es war dann doch keine Verdunklungsmaßnahme, sondern unser Zimmer hatte gerade heute nagelneue Matratzen bekommen – und die alten waren noch nicht weggeschafft, weil man nicht so früh mit uns gerechnet hatte.
Fünf Minuten später waren sie dann weg ….
Die andere Besonderheit erlebten wir erst am folgenden Morgen – es gab nämlich Frühstück! So was findet man normalerweise nur in kleinen Frühstückspensionen, aber nicht in einem Motel. Und schon gar nicht kostenlos bzw. im Übernachtungs-Preis eingeschlossen. Allerdings rechneten wir mit nicht viel mehr als Kaffee, Toast und Marmelade ….
Bis zum Frühstück war noch etwas Zeit – wir schauten uns mal ein bisschen im Ort um. So richtig viel gibt es hier nicht zu sehen – die Reiseführer schweigen sich weitgehend aus, und selbst die Broschüre der Visitor Information musste noch Coral Bay mit in die Infobroschüre rein nehmen, damit es sich überhaupt lohnte, sie zu drucken.
Was wirklich bemerkenswert hier ist, kann man nämlich meistens gar nicht sehen – den Gascoyne River! Der fast 800 km langeFluss fließt den größten Teil des Jahres nicht sichtbar an der Oberfläche, sondern unterirdisch! Damit verdunstet das Wasser nicht und erst das ermöglicht den Obstanbau, für den das Wasser nach oben gepumpt wird. In diesem Jahr hat der Fluss allerdings “Oberwasser” – erstmalig seit 2010 erreicht fließendes Wasser an der Oberfläche die Stadt.
Eine echte Sehenswürdigkeit gibt es hier aber doch – einen alten, rund 1.500 m langen Holzpier, den “One-Mile-Jetty”.
Ziemlich ausgeleierte Gleise führen auf Holzbohlen hinaus aufs Meer …
So einen richtig stabilen Eindruck macht der Pier nicht …
Wäre es nicht so unsäglich heiß – hab ich schon erwähnt, dass das Thermometer im Auto konstant zwischen 37-39° anzeigte – und wären nicht die lästigen Fliegen, wir wären selbstverständlich bis zum Ende des Piers gewandert!
Allerdings ging es anderen offenbar ähnlich wie uns – eine Familie betrachtete unschlüssig die Infotafel –
entschloss sich dann aber ebenfalls gegen eine Jetty-Wanderung. Noch ein paar Meter über die sandige Uferstraße zwischen den Dünen –
dann flüchteten wir wieder in die klimatisierte Annehmlichkeit unseres Motel-Zimmers. Und wagten uns erst wieder raus, als die Sonne schon deutlich tiefer stand. Kühler war es da zwar nicht, aber man holte sich wenigstens keinen Sonnenstich.
Selbst auf den zweiten oder dritten Blick hat die Stadt nicht viel zu bieten – auch was die Möglichkeiten, etwas zum Abendessen zu finden, angeht. Wir landeten schließlich bei einer Fish&Chips-Bude – bei Tripadvisor als “Exzellent” beurteilt und wirklich nicht schlecht. Zumal man sich sowohl die Fischsorte (ich nahm neuseeländischen Hoki) als auch die Zubereitung (gegrillt statt frittiert) aussuchen konnte.
Nicht schlecht war auch das Frühstück am folgenden Morgen. Ein mehr als üppiges Obst-Angebot, Käse und Schinken, Joghurt und Müsli, Saft und Kaffee, frisch aus einer Maschine.
Die Frau des Betreibers, Klara, eine Ungarin, mit der ich ins Gespräch kam (ohne ein ausgiebiges Schwätzchen kommt man hier aus keinem Motel, Guesthouse oder B&B!), meinte, sie wolle ihren Gästen einen guten und gesunden Start in den Tag ermöglichen – das gelingt ihr damit auf jeden Fall. Das junge Ehepaar hat das Motel erst 2015 übernommen und sie versuchen, ein paar europäische Standards einfließen zu lassen. Hoffentlich wissen die Gäste das auch zu schätzen!
Bestens gestärkt brachen wir auf – und fanden heute erstmalig die Strecke eher langweilig-eintönig. Zu beiden Seiten endloses Buschland …
Kilometer um Kilometer änderte sich fast nichts … Größere Bäume gab es praktisch nicht, was da wuchs, war selten hoher als ein Mensch. Erst nach etlichen Stunden Fahrt änderte sich das Bild, wurde die Erde wieder rot und Eukalyptusbäume säumten die Straße.
Red Gums und White Gums – und beide eifrig damit beschäftigt, ihre Rinde abzustreifen. Wie Schlangen sich regelmäßig häuten, werfen manche Eukalyptusbäume regelmäßig ihre Rinde ab. Zum Vorschein kommt dann fast weißes oder rötlich-braunes Holz – daher die Namen.
Am frühen Nachmittag – das Auto-Thermometer zeigte inzwischen 41° an! – erreichten wir den Kalbarri Nationalpark. Hier hatten wir eine ganze Menge geplant – und mussten gewaltige Abstriche machen. Zum einen war die Zufahrt zu den richtig großen Highlights des Parks – Natures Window und Z-Bend – wegen der extremen Regenfälle Mitte Februar nach wie vor gesperrt, zum anderen ließen die Hitze (und die Fliegen) ausgedehnte Wanderungen ohnehin nicht zu.
Immerhin hat man ein gewisses Einsehen seitens der NP-Verwaltung und verzichtet für die Dauer der Straßensperrungen auf die Eintrittsgebühr für den National Park. Wir konnten also einfach so in den Park und zum Hawks Head fahren.
Auto abgestellt, Fliegen-Netze über die Hüte gezogen und raus in die brüllende Hitze.
Auch wenn wir unter extrem erschwerten Bedingungen unterwegs sind und uns die Hitze fast den Atem nimmt – es ist einfach unglaublich hier! Ich gerate schon über ein paar Felsen am Wegrand in Begeisterung – ein richtiges Stillleben. Farben, Formen, erstarrte Bewegung …
Zum Canyon geht es immer geradeaus – touristentauglich und absturzgesichert auf einem bequemen Holzsteg.
Auch wenn die Natur hier sozusagen “entschärft” dargeboten wird, ist sie dennoch überwältigend! Nach rechts die dramatischen, nahezu senkrecht abfallenden roten Sandsteinklippen.
Zur anderen Seite schaut man weit übers Land und auf den Murchison River, der sich zwischen den allmählich abfallenden Klippen hindurch windet.
Es gibt Möglichkeiten, zum Fluss runter zu steigen – allerdings nicht an einem Tag wie heute! Die Temperaturen im Canyon sind nämlich noch um einiges höher als oben.
Auf dem Weg zum nächsten Aussichtspunkt bin ich total fasziniert von den puscheligen Gras-Büscheln am Straßenrand.
Auch der Ross Graham Lookout bietet spektakuläre Aussichten – und auch hier kann man sich sehr gut vorstellen, bei kühleren Temperaturen den Tag im Canyon zu verbringen und unter den Bäumen ein Picknick zu machen …
Aber es ist nun Mal einfach zu heiß – also fahren wir weiter Richtung Kalbarri. Vorbei an feuergeschwärzten Bäumen und Sträuchern – hier hat es offenbar erst vor kurzem gebrannt.
In Kalbarri wohnen wir in der Gecko Lodge – ein kleines Gästehaus mit nur 5 Zimmern, das seinen Namen ziemlich ernst nimmt. Geckos sind wirklich überall …
Unsere Gastgeberin erzählt uns, dass heute ein Wettbewerb der Freizeitfischer stattfindet – die gefangenen Fische werden öffentlich gewogen und die schwersten und größten prämiert. Der Wettbewerb findet gleich um die Ecke in einem Pub statt – ein feucht-fröhliches Spektakel, das nicht nur uns begeistert!
Der ganze Ort scheint da zu sein und sich bestens zu amüsieren – nur die Jury muss hart und konzentriert arbeiten 😉
Wir machen noch einen Gang durch den Ort – dann ist Abhängen am kleinen Pool angesagt. Abkühlung tut dringend not!
Die Strecken von gestern und heute:
Puh, ja das klingt heiß! Kannst du mal fragen, ob die Fliegenplage das ganze Jahr über ist, oder ob es auch Jahrezeiten ohne oder mit wenig Fliegen gibt. Danke!
Die extreme Fliegenplage in diesem Jahr hängt ganz wesentlich mit den sehr starken Regenfällen Anfang Februar zusammen, die nicht nur zu diversen Straßensperrungen geführt hatten, sondern auch dazu, dass die Fliegen allerbeste Brutbedingungen hatten.
Es gibt sie vor allem im Hochsommer – vor allem, wenn es sehr heiß ist und vorher geregnet hat. Aber wir sind jetzt zum 5. Mal in Australien und zum 3. Mal im Westen, immer in der Zeit zwischen Januar und März, und hatten zuvor noch nie Probleme mit Fliegen. Allerdings war es auch noch nie so heiß wie dieses Mal.