6. Juli – Bildungs- und andere Paläste

Letzte Reisetage sind immer etwas schwierig. Einerseits will man nochmal alles so richtig aufsaugen, genießen, mitnehmen…
Andererseits ist man aber auch schon ein bisschen im Heimreise-Modus.

Mit seinen Gedanken nicht mehr so richtig 100%ig unterwegs, sondern überlegt schon, was alles zu Hause eingekauft oder erledigt werden muss.
Da hilft es etwas, wenn man den Abschied langsam angehen kann. 

Noch einen Tag „on the road“ verbringen und die Traum-Kulisse des englischen Südostens an sich vorbei ziehen lassen. Und noch die eine oder andere Stippvisite an bekannten, berühmten, interessanten oder auch einfach nur schönen Orten machen.

Der erste Abschied des Tages war der von unserer idyllischen Gartenterrasse. Und dem üppigen britischen Frühstück – heute mit englischen Tischnachbarn. Danach ging’s Richtung Osten, und dabei überquerten wir die wohl billigste Maut-Brücke Großbritanniens! Gerade mal 5 Pence muss man für die Fahrt über die winzige alte Steinbrücke bezahlen – garantiert wird da drauf gelegt, denn diese Gebühren decken vermutlich nicht mal die Personalkosten. Kassiert wird nämlich von Hand!

(Einfach auf die Pfeile klicken – dann könnt ihr mit Street View über die Brücke fahren!)

Oxford umfuhren wir, stattdessen ging es Richtung Henley-on-Thames.


Die hübsche Stadt an der Themse ist weltweit bekannt für die dort ausgetragenen Ruderwettbewerbe, insbesondere die jährliche Royal Regatta. Die hatten wir allerdings gerade verpasst.
Die Idylle lockte zu einem Spaziergang am Themse-Ufer entlang, vorbei an einem pittoresken Pub …


… schlenderten wir den Uferweg entlang. Viel los war nicht, die Ausflugsboote dümpelten im Morgenlicht,


Ab und zu kam ein Narrowboat vorbei – ein eher ungewohnter Anblick auf dem breiten Fluss.

Es gäbe noch einiges zu entdecken in Henley – aber wir mussten weiter. Noch ein kurzer Blick in eine der vielen kleinen Höfe und Passagen …

…. dann steuerten wir das nächste Ziel an – Windsor! Wenigstens mal gaaanz kurz gucken, wo Her Majesty so wohnt …

Und viel mehr als eine Stippvisite wurde es auch nicht. Es begann schon mit der Suche nach einem Parkplatz, die hier extrem rar sind. Schließlich ergatterten wir ein Plätzchen, wo man allerdings nur 30 Minuten bleiben durfte – also war Eile geboten.

Wir standen direkt vor einer hübschen alten Kirche, die vor allem durch ein Schild auffiel. Und ein Blick auf den Boden bewies außerdem, dass wir hier offenbar auf royalem Grund standen!

Nur ein paar Schritte weiter, und es wurde wirklich höfisch – vor uns lag Windsor Castle. Das älteste bewohnte Schloss der Welt, fast 1000 Jahre alt! Erbaut 1070-1086 von Wilhelm dem Eroberer und seitdem mehr oder weniger ständiger Wohnsitz sämtlicher britischen Könige und Königinnen. Ein riesiger Komplex, der bereits von außen mächtig beeindruckt.

Falls ihr euch fragt, warum wir das Schloss nicht von innen besichtigt haben – hier ist die Antwort:

Selbst mit einem vorgebuchten Ticket hätten wir mindestens eine Stunde Schlange gestanden bis zum Einlass, denn der erfolgte immer nur stoßweise. Stattdessen schlenderten wir gemächlich zurück Richtung Auto.

Und weil wir schon mal in der Nähe waren, fuhren wir noch einen Schlenker – nach Eton. Hier befindet sich die wohl teuerste und exklusivste Privatschule des Landes – auch wenn sie irreführend als „Public School“ bezeichnet wird. Fast 12.350 £ Schulgeld kostet es, hier zu lernen – pro Trimester, wohlgemerkt! Und hinzu kommen noch jede Menge Extra-Kosten …

Wenn man bedenkt, dass die Schule ursprünglich 1440 von Heinrich VI. als Wohltätigkeitsschule gegründet wurde, um armen Jungen eine kostenlose Bildung zu ermöglichen, kommt einem das schon ein bisschen zynisch vor.

Aber wer es sich leisten kann, lernt hier in wahrhaft herrschaftlichem Ambiente – selbst wenn man nur ein paar Kurse der Summer School besucht (zu der übrigens auch Mädchen zugelassen werden).

Wir hatten noch eine ziemlich Strecke vor uns, also ging’s erst mal weiter. Immer an der Themse entlang, durch Old Windsor, wo der Fluss malerische Bögen beschreibt.


Es ging gemächlich übers Land – aber da wir heute noch bis Folkstone wollten, war irgendwann doch mal die Autobahn angesagt. Und kaum drauf, standen wir auch schon im Feierabend-Stau … Die Ringautobahnen um London sind berüchtigte Staufallen – so bald es ging, fuhren wir wieder ab und über Land.

Inzwischen waren wir in Kent, dem Garten Englands. Hier herrscht roter Backstein und Fachwerk vor, und immer wieder sieht man die typischen Oasts mit ihren weißen Zipfelmützen-Dächern – Hopfendarren, die man vor allem in Kent und Sussex findet.

In Biddenden war es Zeit für einen letzten, den allerletzten Cream Tea – in malerischem Ambiente. Eine kleine Teestube in einem windschiefen Häuschen, flankiert von einem Pub wie aus dem Bilderbuch, gegenüber uralte Fachwerk-Häuser.



Ein letztes Mal schwelgten wir in Clotted Cream, Erdbeer Marmelade, mürben Scones und kräftigem Tee …

Da wir gewaltig spät dran waren, wollte ich unsere Gastgeber anrufen, denn uns war mitgeteilt worden, dass wir einen Zugangscode benötigten. Als Penny jedoch hörte, dass wir noch gar nicht vor der Tür stehen, meinte sie nur locker, wir sollten uns einfach noch mal melden, wenn wir da sind – das klang alles ziemlich kryptisch …

Aber so zockelten wir dann ganz entspannt durch die sommerliche Landschaft, die hier so schön ist, dass wir nächstes Mal hier wirklich ein bisschen länger bleiben wollen!

In Folkstone war unsere Unterkunft mit dem etwas merkwürdigen Namen Stay 2a schnell gefunden – nur war da weit und breit kein Mensch. Also wieder Handy raus, Penny angerufen – und mittels genauer Anweisungen fanden wir das Tor mit Touchpad und erhielten den Zugangscode. Verbunden mit dem Hinweis, wir könnten uns oben einfach eines der Zimmer aussuchen, wo die Türen offen standen.

Es ging die Treppe hinauf – oben auf dem Treppenabsatz eine Art Miniküche mit einer „Frühstücksstation“, denn dies hier war kein Bed&Breakfast. Trotzdem konnte sich das Angebot sehen lassen – es gab Kaffee, Tee, Milch und diverse Frühstücksflocken, Saft war ebenso im Kühlschrank wie Wasser, Bier und Wein – alles zur kostenlosen Selbstbedienung.

Oben standen zwei Zimmertüren offen – beide Zimmer waren wunderschön, alles wirkte nagelneu und sehr gepflegt. Wir entschieden uns letztlich für das, das etwas weniger Sonne abbekam – denn es hatte immer noch über 30°C, obwohl es schon nach 18 Uhr war.

Und dann ging’s gleich wieder raus, runter zum Hafen. So richtig beeindruckte uns das alles nicht – es gibt eindeutig schönere Hafenstädte in England!

Immerhin hatten wir noch eine Restaurant-Empfehlung unserer Wirtin aus Witney im Ohr – das Rocksalt direkt am Hafen. Zwar hatte sie uns dort die Austern ans Herz gelegt – aber weder mögen wir Austern, noch würde wir sie bei mehr als 30°C essen. Statt ins Restaurant gingen wir hoch zur Bar und dort auf die Terrasse – hier gab es Bier von einer kleinen lokalen Brauerei und Fish’n Chips mit Mushy Peas – ein würdiges Abschiedsessen!

Der Heimweg in der blauen Stunde und in lauer Luft stimmte uns wehmütig …

Schön war’s gewesen, wunderschön. Wir hatten unendlich viel gesehen und erlebt, tolle Menschen und atemberaubende Landschaften kennen gelernt – und meine große Liebe zu den britischen Inseln wurde mal wieder auf’s Neue angefacht.

Wir müssen einfach wieder her kommen 😉

Allerdings hieß es am nächsten Morgen – nach einer etwas unruhigen Nacht, denn die Möwen scheinen hier nachtaktiv zu sein und schrien praktisch durchgehend aus Leibeskräften – erst mal, abreisen.

Ein schnelles kleines Frühstück mit Joghurt und Müsli – sowie einem exzellenten Kaffee aus der Maschine! – dann brachen wir zügig auf Richtung Dover. Ganz ohne Stau schafften wir es dieses Mal zur Fähre. Die legte pünktlich um 9:25 Uhr ab, um 11:55 Uhr in Calais an – und dann nutzten wir erstmalig die französische Autobahn, weil wir den Freitagsverkehr auf den deutschen Straßen umgehen wollten.

Zwar war das mit rund 50€ Maut ein recht teurer Spaß, aber die Straßen waren praktisch leer und wir brauchten nur sage und schreibe 6 Stunden, bis wir wieder vor unserer Haustür standen.

Tja – und damit war auch diese Reise endgültig Vergangenheit – jetzt geht’s an die Planung für die nächste 😉

Die letzte Etappe von den Cotswolds nach Kent:

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2 Kommentare zu “6. Juli – Bildungs- und andere Paläste

  1. Was bleibt mir denn jetzt wieder als Lektüre vor dem Schlafengehen? 🙁
    Auf jeden Fall wieder vielen Dank für die schönen Berichte.

    • Tja – irgendwann muss man ja auch wieder heim 😉 Aber da die nächste Reise bereits in Planung ist, wirst du sicher bald wieder Lektüre bekommen!

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