Und zwar nicht mit Fahrrad oder Handkarre, auch nicht mit dem Auto unterwegs sein, sondern mit einem schnittigen Boot!
Denn im Pelorus Sound wohnen viele Menschen weit entfernt von jeglicher Straße – auf Inseln oder Halbinseln, die nur auf dem Wasser zu erreichen sind. Zwar gibt es mittlerweile Internet auch in den entlegensten Ecken – aber was im Netz bestellt wurde, muss ja auch irgendwie geliefert werden.
Und das macht – das Mailboat!
Und genau das ist auch der Grund, warum wir in Havelock Station machen – wir wollen das Pelorus Mailboat einen Tag lang beim Ausliefern von Briefen, Paketen und allem möglichen begleiten.
Seit wir einen Film im Fernsehen darüber gesehen hatten, geisterte dieser Wunsch in unseren Köpfen herum. Und als wir das Boot vor zwei Jahren an seinem Liegeplatz sahen, war klar – falls nochmal Neuseeland, dann mit einer Fahrt auf dem Mailboat!
Um 10 Uhr sollte es losgehen, eine gute halbe Stunde vorher stehen wir bereits am Pier B. Da warten zwar eine ganze Reihe Leute, es steht auch reichlich Fracht und Gepäck herum …
Nur vom Boot ist weit und breit nichts zu sehen. Die fröhliche junge Frau aus dem Büro erklärt, man habe noch eben schnell ein paar Leute zu einem Hotel fahren müssen – aber das Boot müsse jede Minute kommen! Und da biegt es auch schon um die Ecke.
Legt Sekunden später an und dann werden Postsäcke und diverses Frachtgut – unter anderem Topfpflanzen und jede Menge Bier – an Bord gebracht.
Später sehen wir, wie so eine Sendung adressiert ist: Alles geht zunächst mal an den Mail Room in Havelock – wo die Empfänger letztlich konkret wohnen, weiß man hier auf dem Mailboat auswendig.
Es geht los – zwar ist das Wetter nicht so strahlend schön wie gestern, aber das ist fast noch schöner! Wolken jagen über den Himmel, die Sonne zaubert silberne Reflexe aufs Wasser.
Sekunden später ein Wolkenbruch …
Wir erreichen die ersten Kunden – und erwischen einen trockenen Moment! Ein Sack mit Post wird hinunter gereicht, ein freundliches Winken, dann geht’s weiter.
Die Sonne spielt Versteck – mal lässt sie die Hügel hell aufleuchten, dann kommt wieder ein Schwall Regenwasser aus den Wolken und zwingt uns ins Innere des Bootes.
der nächste Guss gibt Gelegenheit, Jim, dem Skipper, mal über die Schulter zu schauen, der routiniert und gelassen durch die verwirrenden Haupt- und Nebenarme des Sounds steuert. Der gebürtige Schotte hat sein Handwerk an der zerklüfteten Küste hoch oben in Schottlands Norden gelernt – da ist der Sound ein Klacks für ihn!
In den Regenpausen sind wir sofort wieder an Deck, stellen uns ganz nach vorn in und gegen den tobenden Wind und finden es einfach nur toll! Noch selten hat mir eine Bootsfahrt so viel Spaß gemacht!
Wir kommen zum nächsten Postempfänger, der ebenfalls schon wartend am Bootssteg steht. Man kann ahnen, wie einsam es hier ist. Weit und breit keine andere Behausung!
Die wöchentliche Postlieferung ist da so was wie ein Highlight! Wir werden begeistert begrüßt, Gaskartuschen und Bierkartons werden ausgeladen, ein kleiner Schwatz wird abgehalten, Neuigkeiten ausgetauscht – selbst der Hund bekommt ein paar Leckerlies.
Die Station danach ist ein richtig bunter Stopp – mehrere Familien erwarten hier das Boot.
Es wird nicht nur jede Menge Fracht ausgeladen – auch die Paprika-Pflanze nebst Dünger und Erde verlässt das Boot – auch einige Passagiere steigen aus, denn hier kann man auch übernachten!
Eine herzliche Verabschiedung – dann legt das Boot wieder ab.
Beim nächsten Halt splittet sich die Gruppe auf dem Boot – ein Teil steigt aus und besichtigt eine einsam gelegene Farm.
Der andere fährt weiter zu einem kleinen Restaurant.
Wir sind bass erstaunt – dass man hier ein derart gemütliches Lokal vorfindet, ist kaum zu fassen! Der Besitzer erzählt mir stolz, dass sie das Anwesen – Restaurant samt einigen Fremdenzimmern – erst im letzten Jahr übernommen und viel getan ´haben, dass es richtig schön wird! Und das ist ihnen wirklich gelungen!
Mal davon abgesehen – das Essen ist ebenfalls gut und die Kuchen, Scones und Muffins jede Sünde wert! Der Wirt schenkt mir ein Glas Weißwein ein – das wird draußen in der Sonne genossen!
Damit wir die Kalorien gleich wieder los werden, werden wir wenig später an Land abgesetzt und sollen eine kleine Wanderung machen. Der Weg ist steil und durch den Regen sehr rutschig – und überhaupt fasziniert mich der Farn am Weg erheblich mehr als ein 10 Minuten entfernter Aussichtspunkt, zu dem sich jetzt ca. 30 Leute im Gänsemarsch aufmachen.
Es geht weiter, vorbei an Muschelfarmen.
In den Marlborough Sounds werden weltweit die größte Menge Muscheln gezüchtet – zig Millionen Tonnen werden alljährlich geerntet und in alle Welt verschickt. Die neuseeländischen Greenlip Mussels sind erheblich größer als unsere Miesmuscheln und haben ein ziemlich festes Fleisch.
Havelock gilt als die Muschel-Hauptstadt Neuseelands, die Schalentiere stehen auf jeder Speisekarte.
Unser Boot hat heute noch einen Sonderauftrag zu erledigen – eine Gruppe Sportler, die am Waitaria Bay Triathlon teilgenommen hatten, muss abgeholt und nach Havelock zurück mitgenommen werden.
Zwar liegt der kleine Ort nicht auf der normalen Postboot-Route des heutigen Tages – aber hier ist man flexibel! Rund 50 Personen – darunter eine Menge Kinder – werden an Bord genommen, dazu etliche Kajaks und Fahrräder!
Jetzt geht’s zügig zurück in den Heimathafen – inzwischen bei strahlender Sonne! Die letzten Meter muss vorsichtig navigiert werden – es ist inzwischen Ebbe und unser Boot liegt deutlich tiefer im Wasser als am Morgen!
Aber wir kommen alle gut an – und für uns gibt es heute Abend …. Muscheln!!!
Die heutige Route ist die dick Rot gestrichelte – nur am Ende gab’s noch den Schlenker in den Kenepuru Sound zur Waitaria Bay (Nr. 18):
Das ist wirklich ein toller Ausflug. Auch wir haben ihn sehr genossen. Danke nochmals für den Bericht. Übrigens beim Te Rawa konnte heute nicht eingekehrt werden, der Generator ist defekt, wir mussten alle das Essen selber mit nehmen.
Iris
Das war ein schöner Ausflug – Danke fürs’ mitnehmen, hab’ ich gern gelesen. Magst Du noch verraten, wie teuer ein Mail Run ist? Übrigens finde ich die Legende total schön – sogar die an der Strecke lebenden Tiere werden genannt 🙂
Die Fahrt war wirklich unglaublich toll – und wir haben noch einige Leute mehr beliefert, als aus den Fotos ersichtlich ist.
Gekostet hat die Fahrt 128$ pro Person, also ca. 75€ – ich hab am Anfang des Beitrags den Link zum Mailboat eingestellt, wo man auch buchen und sich die unterschiedlichen Routen anschauen kann.