Hauptstadt – Feeling

19. Februar 2018
Nach so langer Zeit auf dem Land oder höchstens mal in kleineren Orten muss man sich an die Steinmassen einer Großstadt erst mal langsam heran tasten.

Wobei das in Wellington sicher leichter fällt als in vielen anderen großen Städten, denn nirgendwo ist das Wasser weit und es gibt auch viel Grün in der Stadt.

Und es gibt – allerdings oft ziemlich eingeklemmt zwischen moderne Hochhäuser – viel viktorianisches Flair.

Zum Beispiel die Old Bank Arcade – einst Sitz der Bank of New Zealand ist sie heute eine elegante Shopping Mall mit einigen Cafés und Restaurants. Nachdem die BNZ 1985 ausgezogen war, stand das schöne Gebäude des Star Architekten Thomas Turnbull leer, bis es 1990 von Investoren erworben und zu neuem Leben erweckt wurde (übrigens den selben, die auch das wundervolle Queen Victoria Building in Sydney vor dem Verfall bewahrten und sorgsam restaurierten).

Innen lichtdurchflutet und mit vielen historischen Details.

Die alte Uhr, die einst in der Schalterhalle hing und deren unterer Teil ein bisschen an eine eingewickelte Schokoladenkugel erinnert, strahlt wieder in goldenem Glanz. (Was wir leider nicht wussten, ist, dass die Uhr sich stets zur vollen Stunde öffnet und Vignetten mit Bildern aus der Geschichte der Bank frei legt!)

Selbst der Tresor im Untergeschoss st noch vorhanden. Die Tür steht immer offen …


Wenn man jetzt Richtung Hafen, genauer, Richtung Queens Wharf geht, kommt man an dem imposanten Gebäude der Academy of Fine Arts vorbei, das früher die Hafenmeisterei beherbergte.


Queens Wharf, der alte Handelshafen, hat sich mächtig rausgeputzt. Eine lebendige und florierende Gastronomieszene hat sich dort angesiedelt – kulinarisch kann man hier fast eine Weltreise machen! Neben indisch/asiatischer Küche sind auch diverse Burger-Lokale vertreten, ein Restaurant serviert ausschließlich Crabs, Taschenkrebse, in allen Variationen – und wer auf deftige bayrische Küche und Weißbier seht, wird auch nicht enttäuscht!

Kunst gibt es ebenfalls – mal im Wasser – die Seeigel-Skulpturen „ Nga Kina“ von Michel Tuffery

Mal an Land. Die Kumutoto Toiletten, ein Werk der Architekten von Studio Pacific, erinnern an Krusten- oder Tentakel-Ttiere – sind auf jeden Fall ein Hingucker! (Innen sind sie allerdings nur ganz normale, etwas versiffte Toiletten …)


Noch einen Schlenker zurück in die Stadt – und noch mehr Tentakel! Oder knospende Blütenstengel??? Wer weiß das schon … Die stählerne Lady im Buchstabenkleid „Woman of Words“ ist eine Hommage an Katherine Mansfield und ihr literarisches Werk.

Sowohl die stählernen Blütenknospen als auch die Lady findet man im Midland Park – einer kleinen grünen Oase, die das Stadtparlament quasi ertrotzt hat.

Weil der Stadtrat der Auffassung war, dass es viel zu wenig grüne Oasen in der Stadt gibt, durfte die Fläche nach dem Abriss eines Hotels nicht neu bebaut werden, sondern wurde zum Park.

Und direkt gegenüber, an der Straßenecke noch mehr Straßenkunst – Muscheln aus Beton! Die Skulptur „Shells“ von Jeff Thompson erinnert daran, das in früheren Zeiten hier bereits die Küste begann.

Unser nächstes Ziel liegt nur eine Straßenecke weiter, in der Featherston Street. Wir haben dort einen Termin – beim Zahnarzt! Nicht nur mir, auch Dieter machen erstmalig seit Jahrzehnten die Zähne zu schaffen! Der Sache soll auf den Grund gegangen werden – schließlich haben wir noch etliche Wochen Reisezeit vor uns.

Einen Termin zu bekommen, war keine große Sache  – im Internet nach Zahnärzten in Wellington gesucht, diverse Praxen (alle mit jeder Menge Beurteilungen von Patienten!) angeschaut, sich für die entschieden, die für uns günstig lag und online nach einem Termin gesucht. Wir hatten Glück – für heute war um 12:30 noch ein 30-minütiges Fenster offen – das hatten wir vor ein paar Tagen gebucht und einen Tag später noch mal telefonisch bestätigt.

Und jetzt stehen wir im Empfangsraum der City Dentists und Dieter wird herzlich von Chris, seinem Zahnarzt, begrüßt. Der schaut sich die Sache an, macht eine Röntgenaufnahme, findet ein Loch und macht sich an die Arbeit. Inzwischen schaut Dieter fern … Denn um die Patienten abzulenken, hängt an der Decke ein Bildschirm – und dort werden entspannende Neuseeland-Videos gezeigt!

Dank Betäubungsspritze und Fernsehen ist die Behandlung ein Klacks und 30 Minuten später (und nach sofortiger Bezahlung mit Kreditkarte!) sind wir wieder draußen und können den Rest des Tages schmerzfrei genießen! Dass die Röntgenbilder und der komplette Befund per Email wenig später geschickt werden, ist hier selbstverständlich – schließlich soll der heimatliche Zahnarzt genau wissen, was diagnostiziert und behandelt wurde.

Wir wollen jetzt hoch hinaus, zum Botanischen Garten, der liegt rund 120 m über dem Zentrum. Man kann natürlich zu Fuß hoch marschieren – man kann aber auch mit der Welligton Cable Car, einer Standseilbahn, rauf fahren! Die 610 m lange Seilbahn gibt es schon seit fast 120 Jahren, sie bindet seit 1902 den höher gelegenen Vorort Kelburn an das Zentrum an.

7 NZ$ kostet ein Ticket hoch und wieder runter. Dafür kann man in den knallroten Waggons auf schmalen Holzbänkchen Platz nehmen und die ca. 5-minütige Fahrt genießen.


Und oben dann den Blick auf die Stadt genießen!

Und gemächlich durch den Botanischen Garten zur Sternwarte schlendern. Wobei man dazu sagen sollte, dass man hier einige Höhenmeter überwinden muss, wenn man den Garten komplett durchstreifen will! Dazu haben wir heute keine große Lust, wir belassen es bei einer Stippvisite.


Wieder unten angekommen, geht es den Lambton Quay weiter entlang. Vorbei am Churchill, einem Gastropub, das gleich hinter dem Eingang mit einer knallroten Skype-Box aufwartet! Offenbar gibt es Gäste, die selbst im Restaurant sehr lautstarke Gespräche führen …

Wenig später sind wir am Parlament, genauer, am „Beehive“. Der Bienenkorb – 72 m hoch – ist ein seit seiner Fertigstellung 1979 noch immer umstrittenes Werk des britischen Architekten Sir Basil Spence und beherbergt auf 10 Etagen die Büros der Premierministerin, der Minister/innen und deren Mitarbeiter.

Unmittelbar daneben schließt das Parlamentsgebäude an, gefolgt von der Parlamentsbibliothek. 



So langsam haben wir genug vom Pflaster treten und machen uns auf den Rückweg.

Der führt vorbei an Kneipen, die offenbar vor allem von  Parlamentariern frequentiert werden und entsprechend aussagekräftige Namen tragen!

Über den schönen alten Hauptbahnhof laufen wir wieder zurück bis zur Queens Wharf.


Hier ist für heute Endstation. Im Bin 44 gibt es hervorragendes Essen und ausgefallene Bierspezialitäten – kombiniert mit einem tollen Blick auf das Treiben am Quay – hier beenden wir den heutigen Tag.

Es war letztlich gar keine sooo weite Strecke – trotzdem waren wir praktisch den ganzen Tag unterwegs ….

Ein Kommentar zu “Hauptstadt – Feeling

  1. Hallo, wie gut daß Ihr in der Zivilisation seid, da klappt die ärztliche Versorgung. Zahnschmerzen sind wirklich unangenehm und im Urlaub doppelt. Euch beiden gute Besserung.
    Danke für den schönen und informativen Spaziergang. Und am PC bleiben mir auch noch die Plattfüße erspart. Weiterhin viel Spaß und herzliche Grüße
    Christina

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