Ein toller Tag, ein sonniger Tag – das hatte die Wetter-App versprochen und schon am frühen Morgen war der Himmel wolkenlos und tiefblau!
Also der ideale Tag für eine kleine Seefahrt und später evtl. eine Bergtour.
Zuerst nach Cheung Chau – der Hantelinsel, wie sie wegen ihrer Form auch heißt. Etwa 20 km von Hongkong entfernt und ziemlich klein, allerdings mit einer teils düsteren Vergangenheit.
Im 18. Jh. ein Brennpunkt der Piraterie, im frühen 20. Jh. ein abschreckendes Beispiel für die von den Briten praktizierte Rassentrennung. Bezirke für chinesische und europäische Bewohner wurden strikt voneinander getrennt, selbst die Strände waren geteilt.
Heute ist das längst vorbei und Cheung Chau ein tolles Ausflugsziel. Weil auch hier an Sonn- und Feiertagen viele hin wollen und heute Boxing Day ist, der 2. Weihnachtstag, zogen wir früh los. Der Himmel war wie frisch gewaschen, in den Glasfassaden spiegelte sich die Morgensonne.
Mit der Metro ging’s bis Central, dann über die Fußgängerbrücke zu den Piers.
Links neben dem Starferry Pier sind die 5 Anlegestellen zu den Inseln – leicht zu finden, wenn man bis 5 zählen kann!
Wir wollten die Fähre um 10:15 nehmen, waren aber so früh dran, dass wir im Schweinsgalopp gerade noch die 9:30 Fähre erwischten. Weil man auch hier mit der Octopuscard bezahlen kann (und einen satten Seniorenrabatt bekommt), mussten wir kein Ticket kaufen, sondern konnten einfach durch die Schranken gehen – der Betrag wird von der Karte quasi im Vorbeigehen abgebucht.
Für die ca. einstündige Fahrt hatten wir die Ordinary Ferry gewählt – die ist zwar ca. 10 Minuten langsamer als die Fast Ferry, hat aber den großen Vorteil, dass man nicht in einem tiefgekühlten Abteil sitzen muss, sondern nach draußen kann. Allerdings muss man dafür etwas tiefer in die Tasche greifen und Deluxe buchen. Weil heute Feiertag war, waren die Preise etwas höher als an Werktagen – wir mussten für Deluxe 15,50 HK$ (= ca. 1,60€) bezahlen.
Das Deluxe Abteil war gähnend leer …
Auch draußen war nicht viel los.
Hongkong Island lag im Morgendunst und sah richtig verwunschen aus …
Eine knappe Stunde später lag Cheung Chau vor uns. Weil Feiertag war, lagen unzählige Fischerboote im Hafen.
Obwohl es noch früh war, war auf der kleinen Uferstraße schon eine Menge los.
Cheung Chau ist autofrei, man kann also gemütlich schlendern, muss allenfalls mal einem Rad- oder Rikschafahrer Platz machen – oder der Müllabfuhr!
Es duftete intensiv nach Orangen – die Quelle war schnell gefunden: Am Straßenrand werden Orangenschalen getrocknet und danach fein gemahlen. Wer gerne backt, hat geriebene Orangenschalen bestimmt schon oft verwendet!
Im Hafen war nicht viel los, offenbar ruhten auch die Fischer sich heute mal aus.
In den kleinen Seitengassen war es deutlich ruhiger. Hier wurde Wäsche, Fisch und Orangenschalen einträchtig nebeneinander getrocknet.
Den Tempel hatte man praktischerweise direkt an den Sportplatz verlegt – oder umgekehrt, denn der Tempel war vermutlich zuerst da. So kann man auch kurz vor dem Spiel mal noch schnell ein paar Räucherstäbchen für den Sieg entzünden!
Wo die Insel am schmalsten ist, führt eine kleine Gasse direkt auf die andere Seite und zum Strand. Dabei kommt man an einem riesigen alten Banyan-Baum vorbei, der auch hier als heilig gilt und entsprechend geschmückt ist.
Ein Stückchen weiter ein Zaun, der fast komplett mit Liebesschlössern und Herzchen bedeckt ist
Und dann entdecken wir etwas echt verrücktes – ein kleines Restaurant, das aussieht, wie eine Skihütte in den Bergen! Stilecht mit Holzbalkon, Holzläden und sogar Holzskies zur Dekoration! Und was gibt’s dort? Bier aus Österreich! Und auf der Karte stehen Schweinshaxe und Bratwurst!
Die Wirtin will uns unbedingt ein Bier verkaufen – aber dafür ist es noch zu früh, auch die Haxen schlagen wir aus. Stattdessen gehen wir noch ein paar Schritte bis zum Strand.
Sauber und fast menschenleer liegt er in der Morgensonne – das wird sich aber sicher bald ändern, denn die nächsten Fähren sind bestimmt nicht so leer wir unsere!
Wir schlendern langsam wieder zurück, schauen uns noch eine Weile im Dorf um, essen noch ein Eis und ich probiere die angesagteste Spezialität von Cheung Chau – Mochi!
Das sind flaumig weiche kleine weiße Bällchen aus Reisteig, gefüllt mit diversen Früchten und mit Puderzucker bestäubt. Ich nehme eines mit Mango – es ist eine totale Überraschung, weil eiskalt, der Teig schmeckt wie roher Kuchenteig und die Mango in der Mitte ist frisch und saftig.
Dann geht’s mit der Fähre zurück nach Central – denn wir wollen noch auf den Peak!
Die ankommende Fähre spuckt eine Flut von Besuchern aus – jetzt wird’s voll auf Cheung Chau! Noch ein Stündchen entspannte Seeluft genießen – dann sind wir wieder in der Stadt.
Jetzt müssen wir den Weg zur Peak-Tram Station finden – nicht so einfach, denn den Stadtplan hatte ich im Hotel vergessen und meine Simcard war abgelaufen, also kein Internet mehr! Aber da fast alle Wege immer durch ein Kaufhaus führen, gab’s dort nicht nur wieder üppige Weihnachtsdeko …
… sondern auch WLan. Google Maps brachte uns auf die richtige Spur und wenig später standen wir an der Tram-Station. Die Tickets hatte ich gestern Abend im Internet schon gekauft, denn damit muss man sich nicht an der Schlange anstellen, sondern kann gleich zur Bergbahn.
Soweit die Theorie und die Versprechungen auf der Website! Die Praxis sah komplett anders aus! Heute nämlich eine eher überschaubare Schlange an den Ticketschaltern, aber dafür ein gigantischer Pulk und eine lange Schlange auf der anderen Straßenseite, wo die Leute mit den voraus gebuchten Tickets standen!!!
Weil heute offenbar mehrere große Reisegruppen da waren, wurde das Prozedere komplett geändert. Wir mussten uns auf der anderen Straßenseite anstellen, mehrere Ordnerinnen ließen nach einem undurchschaubaren Plan immer nur eine Handvoll Leute von unserer Straßenseite rüber zum Eingang.
Nach ca. 25 Minuten platzte mir der Kragen, denn so konnte es noch ewig dauern. Ich sprach eine der Ordnerinnen an, fragte, wie lange es denn noch dauern würde und verwies auf die Versprechungen der Website “You can skip the queue!” Und deutete dezent (und sehr höflich!) an, dass es eine Zumutung sei, Leute mit einem Seniorenpass stundenlang ohne Sitzmöglichkeiten in der Sonne herumstehen zu lassen.
Blitzschnell winkte sie uns durch, eskortierte uns an den Kopf der Schlange bis direkt zur Bergbahn. Hier sahen wir, dass auch dort noch hunderte Menschen warteten – aber wir durften gleich die nächste Bahn nehmen.
Oben angekommen, waren wir echt geschockt – das hatten wir nicht erwartet! Ein Riesenrummel, man kommt im Peak Tower an und muss erst mal eine halbe Ewigkeit nach einem Ausgang suchen! Denn der Weg geht durch einen Markt, vorbei an unzähligen Souvenirshops und Restaurants, Rolltreppen führen hinauf und hinab, ein Wachsfigurenkabinett ist ebenfalls da …
Wir waren echt erleichtert, als wir es endlich ins Freie geschafft hatten! Der ehemals relativ ruhige Peak, wo man von einer Terrasse aus bei einem Kaffee oder einem Bier gemütlich dem Sonnenuntergang über dem südchinesischen Meer zuschauen konnte, war Vergangenheit. Okay – es war auch schon 25 Jahre her, dass wir zuletzt hier oben waren.
Jedenfalls sah man inzwischen nichts mehr von der Stadt – es sei denn, man bezahlte für die Aussichtsterrasse.
Zum Glück gibt es aber auch einen ruhigen Seitenweg, die Lugard Road, die malerisch durch dichten Urwald bis zu einem Aussichtspunkt führt.
Zwischen den Bäumen hindurch hat man immer mal wieder einen Blick auf das Häusermeer von Central – aber bis man wirklich einen freien Blick hat, muss man rund 800 m weit gehen.
Und auch dann war der Blick nicht wirklich sooo berauschend, es war einfach zu diesig. Also wieder zurück und noch ein zweiter Versuch auf der anderen Seite des Turmes, beim Lions Pavillon. Hier ist es zwar total überfüllt und man muss auf ein freies Plätzchen für ein Foto eine Weile warten – aber dann hat man ihn doch, den Postkartenblick!
Zwar auch wieder mit reichlich Dunst – aber immerhin! Uns reichte es jetzt aber, und mit der Tram wollten wir auch nicht wieder runter, die Wartezeit betrug derzeit ca. 30-45 Minuten! Stattdessen nahmen wir den Bus – und das kann ich nur jedem empfehlen! Supertolle Blicke während der gesamten kurvenreichen Fahrt den Berg hinab, bequeme Sitze und kaum Wartezeit! Der 15B fährt zur Starferry, der 15 nach Wan Chai – und den nahmen wir.
Unten angekommen, gab’s ein heißes kleines Eiertörtchen (Eggtart – mmmmhhhmmm!!!) aus der Bäckerei und einen Cappuccino im Bistro. Und dann – wurde gepackt, denn morgen geht’s schon sehr früh nach Bangkok!
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