Myo Myo ist Bootsführer. Zwar hat er kein eigenes Boot, aber er arbeitet mit Thu Thu zusammen, die in der Nähe des Marktes von Nyungshwe ein kleines Reisebüro betreibt.
Die beiden sind schon seit vielen Jahren ein Team, er bekommt seine Aufträge von ihr. Aber anders als viele anderen Agenturen behält Thu Thu nicht den Großteil dessen, was Touristen bezahlen, für sich, sondern die beiden teilen sich die Einnahmen.
Trotzdem ist Myo Myo deutlich schlechter dran als Thu Thu – denn außer den Einnahmen als Bootsführer hat er keine sonstigen Einkünfte, während Thu Thu ja noch ihr Reisebüro hat.
Mit den Bootsführern am Inle See ist das so eine Sache – die allermeisten besitzen kein Boot, die erforderlichen ca. 2500€ für ein Boot kann hier kaum einer aufbringen.
Es gibt ein paar Boots-Gemeinschaften, also Bootsführer, die sich gemeinsam ein Boot angeschafft haben – aber die allermeisten versuchen, mit Touristen eine Bootstour auszuhandeln und mieten sich dann das notwendige Boot für den Tag von einem der Bootsbesitzer. Der verlangt dafür meist mindestens 10.000 Kyat, oft mehr. Am Ende des Tages bleiben den Bootsführern deshalb in der Regel nur eine Handvoll Kyat/Dollar/Euro – man sollte also mit dem Trinkgeld hier wirklich nicht knauserig sein!
Wir kennen Myo Myo (und Thu Thu) schon seit 10 Jahren und waren begeistert, dass Myo Myo heute Zeit hatte, mit uns über den See zu fahren. Bei ihm wissen wir, dass er sich strikt an das hält, was wir möchten – keine Shops, keine Handwerker, es sei denn, wir sagen es ihm ausdrücklich.
Als bekennende Morgenmuffel (und weil wir auch keine Lust haben, bei Kälte und Frühnebel auf dem See zu bibbern) starten wir erst um 9:30 Uhr mit unserer Tour. Die beginnt am Kanal – wo Myo Myo sich in der fast endlosen Reihe der Boote erst mal seines suchen muss.
Wir steigen ein und brausen los. Zuerst geht es ca. 10-15 Minuten einen Kanal entlang, der zum See führt. Möwen sitzen faul auf Zäunen herum, der Verkehr auf dem Kanal ist schon recht heftig.
Auf dem See ist ebenfalls schon einiges los. Die Stimmung ist immer noch magisch – obwohl die Sonne schon hoch am Himmel steht, halten sich die Nebel über dem Wasser.
Es wird eifrig gearbeitet auf dem See …
Wenig später trauen wir unseren Augen nicht, als uns ein Boot voller Mönche überholt. Das sieht eher nach Kegelclub-Ausflug aus als nach spiritueller Einkehr!
Von allen Seiten kommen jetzt Boote mit Mönchen in orangefarbenen Roben! Aber auch Myo Myo hat keine Erklärung für diese durchweg ziemlich aufgekratzten Reisegruppen.
Touristenboote sehen wir so gut wie gar nicht, es sind ausschließlich Fischer und Bauern auf dem See, die ihrer Arbeit nachgehen. Überhaupt scheint der Massenandrang am Inle See sehr nachgelassen zu haben – auch Nyaungshwe ist nicht wirklich voll.
Wir nähern uns unserem heutigen Hauptziel – dem kleinen Pa O Dörfchen Thaung Tho. Hier ist heute Markt, außerdem gibt es dort eine Ansammlung von Pagoden bzw. Stupas auf einem Hügel, die denen in Indein in nichts nachstehen. Nur – hierher kommen deutlich weniger Touristen! Und anders als in Indein sieht man die unzähligen Stupas schon vom Boot aus.
An einem kleinen Zubringerkanal steigen wir aus dem Boot und laufen auf dem Damm Richtung Dorf. Der Markt beginnt bereits, sich aufzulösen – aber genau das ist es, was wir viel faszinierender finden, als das eigentliche Marktgeschehen. Die Friseure haben allerdings noch gut zu tun!
Und auch an manchen Marktständen wird noch gefeilscht.
Aber andernorts werden bereits die Einnahmen gezählt.
Und generell macht sich bereits eine gewisse Entspannung bemerkbar.
Zu den Stupas auf dem Hügel führt eine etwas marode Treppe hinauf.
Oben angekommen, hat man einen wunderbaren Blick.
Selbst an derart abgelegenen Orten sind die Stupas aufwändig verziert und vergoldet.
Es ist friedlich und ruhig hier oben, nur ein paar Gläubige beten in einer der Pagoden. Touristen sind keine zu sehen. Langsam gehen wir wieder hinunter, der Markt löst sich nun zusehends mehr auf. Gerade dann kann man aber die interessantesten Situationen beobachten.
Schwere Lasten werden zu schmalen Booten geschafft, Brennholz verstaut oder auch große Eisbrocken in Motorradtaschen. Gigantische Pakete (mit allerdings leichten und luftigen Fladen) werden auf dem Kopf transportiert, schwerere Lasten auch mal zu zweit.
Das meiste wird in Boote verladen, einiges auch zu Fuß transportiert – den Luxus eines eigenen Ochsenkarrens haben nur wenige.
Zwischendurch gibt’s aber immer noch Zeit für einen kleinen Plausch.
Während die einen noch warten, steigen die anderen bereits in eines der kippeligen Boote. Und wir schauen einfach nur fasziniert zu.
So langsam machen sich die Boote auf den Weg Richtung See, auch wir brechen wieder auf.
Zurück auf dem See begegneten uns einsame Fischer, die nicht für uns posierten, sondern einfach nur ihrer Tätigkeit nachgingen.
Es ging vorbei an kleinen Klöstern, die einen völlig verlassenen Eindruck machten.
An Dörfern, wo einiges los war und man uns fröhlich begrüßte – falls man nicht gerade versuchte, einen Fisch zu fangen..
Ein kurzer Schlenker zur Phaung Da Ou Pagode – die allerdings eingerüstet war. Aber man konnte im Vorbeifahren einen Blick auf eines der prächtigen Boote werfen, die im Oktober beim Festival über den See ziehen.
Einen Zwischenstopp legten wir bei einem der unzähligen Lokale auf dem See ein, wo die Bootsführer eine kostenlose Mahlzeit bekommen, wenn ihre Gäste etwas verzehren. Eine gute Nudelsuppe geht immer – und hier oben sind sie auch wirklich fast immer prima! Der letzte Stopp war das Dörfchen Khaung Daing, am Westufer des Sees. Hier hatten wir früher etliche Male übernachtet und wollten mal sehen, wie sich das Dorf entwickelt hatte.
Das Dorf ist auf Nüsse, Samen und Kerne spezialisiert – genauer, auf Erdnüssse, Soja- und dicke Bohnen und Sonnenblumenkerne. Die Sonnenblumenkerne werden auf riesigen Planen getrocknet, bevor sie entweder geschält und geröstet oder direkt verpackt werden. Mit riesigen Holzpaddeln werden sie regelmäßig gewendet, damit sie gleichmäßig trocknen.
In einem kleinen Hof werden Erdnüsse sortiert und geröstet – es duftet betörend! Die ältere Frau schaufelt mit breitem Lächeln eine Handvoll frisch geröstete Nüsse in ein Tütchen und drückt uns die noch warme Portion in die Hand.
im Haus nebenan werden Bohnen sortiert und offenbar der Keim heraus geschnitten. Das Ganze geht so flink, dass ich nicht richtig sehen kann, was da eigentlich gerade gemacht wird.
Auch die Schreiner haben gut zu tun.
Wir ziehen jetzt heimwärts, vorbei an schwimmenden Gärten, die mit langen Ästen am Grund des Sees verankert sind.
Ein herzlicher Abschied von Myo Myo, der sein Boot vorsichtig zwischen die anderen manövriert,dann sind wir wieder an Land.
In Nyaungshwe herrscht Feierabendstimmung, die Schatten sind schon lang und an der Pagode um die Ecke noch mehr los als gestern.
Uns zieht es in unser gemütliches Maison Birmane, zu einem kühlen Getränk auf der Terrasse und später zu einem wieder fast unglaublich guten Essen – gefolgt von ebenso unglaublich leckeren Cocktails! Wobei das, was unten auf dem Bild zu sehen ist,übrigens lediglich eine kleine Vorspeisenauswahl war!
Und hier nochmal der Tag auf dem Wasser sowie der Marktbesuch im Video:
Liebe Renate,
deine Berichte sind nicht nur wunderschön bebildert, man kann auch eine Menge aus ihnen lernen! Wie hast du es nur geschafft, soviel Wissen anzusammeln…
Eure Bootstour auf dem Inle-See ist jedenfalls wieder einmal ein absolutes highlight und hat einen schweren Anfall von Sehnsucht bei mir ausgelöst 😉
LG, Brigitte
Bericht und Bilder wie immer super.
Viele Details kamen mir bekannt vor
Besonders hat mir der Video-Clip gefallen. Er strahlte Ruhe aus. Toll gemacht!
Danke! Für die Videos ist mein Mann zuständig, und man kriegt auf einem Video eben doch viel mehr von der Umgebung mit.
Der Inle See – bzw. Myanmar insgesamt – sind übrigens definitiv immer wieder einen Besuch wert! Ihr würdet staunen, wie viel sich dort verändert hat – aber auch, wie viel gleich geblieben ist.