11.-18. März 2020
Es könnte so schön sein hier!
Und natürlich ist es auch schön! Nur – so richtig genießen kann man es dieses Mal nicht.
Die Sonne scheint, es weht ein leichter Wind, das Meer ist warm und klar. Es gibt täglich frisch gefangenen Fisch, Krustentiere in Hülle und Fülle – auch Toilettenpapier ist hier keine Mangelware!
Bloß Touristen, die muss man fast schon mit der Lupe suchen.
11./12. März 2020
Die Residence ist ohnehin recht klein, hat nur 6 Zimmer direkt am Strand und 12 weitere hinten raus, aber außer uns sind im Moment nur noch ein Ehepaar und eine Alleinreisende aus der Schweiz da. Morgens geht’s zum Frühstück ca. 150 m am Strand entlang ins Schwester-Hotel “Art of Sand”, auch da ist es ziemlich leer.
Von den 46 Zimmern des wirklich schönen Hotels sind nur 12 belegt, Neubuchungen gibt es keine mehr. Schon nach drei Tagen kennt jeder jeden und es entspannen sich mehr oder weniger interessante Gespräche. Die allerdings fast nur ein einziges Thema haben …
Sprachbarrieren gibt es dabei kaum – fast alle Gäste sprechen Deutsch, obwohl wir die einzigen Deutschen sind. Der Rest kommt überwiegend aus der Schweiz, ein älteres Paar kommt aus Luxemburg. Nur ein paar Italiener sind noch dabei. Anders sieht es im Amata aus, das direkt an die Residence angrenzt. Dort dominieren derzeit die – wenigen – deutschen, überwiegend bayrischen, Urlauber. Anderen Nationalitäten sind wir dieses Mal in Myanmar so gut wie gar nicht begegnet.
Die kleinen Restaurants kämpfen um jeden Gast. Schon ab dem zweiten Besuch wird der Lieblingstisch reserviert, ungefragt kommt eine kleine Vorspeise auf den Tisch, manche Beilagen werden gar nicht berechnet. Wir geben üppige Trinkgelder, mieten einen E-Scooter gleich für 10 Tage und bezahlen sofort. Die Zimmermädchen bekommen ebenfalls reichlich Trinkgeld von uns, denn es ist klar: Die Saison ist mehr oder weniger vorbei.
Normalerweise ist an Ostern nochmal richtig viel los, in den demnächst beginnenden burmesischen Schulferien und über das Wasserfest im April kommen die Einheimischen – beides fällt dieses Jahr flach.
Was nicht flach fällt, ist der allabendliche Sonnenuntergang – immer wieder ganz großes Kino!
13. März 2020
Die ersten beiden Tage hatten wir ein Zimmer im oberen Stock. Wunderschön, mit tollem Blick vom Balkon und Schatten durch die Palmen.
Aber zum Strand musste man immer die Treppe runter und ums Haus gehen – deshalb zogen wir um ins Erdgeschoss, mit direktem Zugang zum Strand und großer Terrasse.
Da kommt man auch leichter ins Gespräch mit unseren Nachbarn aus der Schweiz. Die sind frisch gebackene Rentner und wollten eigentlich noch bis Mitte Mai durch Südostasien reisen. Jetzt werden sie – wie wir – von Freunden und Angehörigen mit Mails und WhatsApp-Nachrichten bombardiert, nach Hause zurück zu kommen.
Aber noch zögern sie. Obwohl ihr nächstes Ziel, Vietnam, gerade seine Grenzen für Ausländer weitgehend dicht macht und praktisch alle Sehenswürdigkeiten dort geschlossen wurden, Laos und Kambodscha ebenfalls zunehmend schwieriger zu bereisen sind. Kambodscha will seine Grenzen am 17. März schließen.
Ich checke derweil mehrmals täglich unsere Flugbuchung, immer mit der Befürchtung, dass wir nochmal umgebucht werden. Aber noch sieht es gut aus, inzwischen wurden uns sogar bereits Sitzplätze zugeteilt. Wir sollen in einem A380 fliegen und im Oberdeck sitzen – jetzt freue ich mich sogar fast schon auf den Flug!
Alle sind nervös, das spürt man. Obwohl man am Strand spazieren geht, im warmen Meer schwimmt, wunderbar essen kann, hat das mit einem normalen Urlaub nicht mehr viel zu tun. Das Handy liegt bei jedem in Griffweite – dieses Mal nicht, um Selfies herum zu schicken oder schöne Urlaubsbilder, sondern, um immer wieder die aktuelle Lage zu checken.
Zwar werden nach wie vor Witze über die Klopapier hortenden Deutsche gemacht – das ist aber schon ein bisschen Pfeifen im Walde …
Immerhin ist auf den Sonnenuntergang Verlass!
14. – 16. März 2020
Vietnam lässt jetzt endgültig keine Reisenden aus dem Schengen Raum mehr einreisen – dabei ist offenbar egal, ob, wo und wie lange sich die Reisenden vorher woanders aufgehalten haben. Für alle in Vietnam gilt Mundschutzpflicht, Ausländer dürfen keine öffentlichen Verkehrsmittel wie Busse mehr benutzen, Bars, Clubs und Massagesalons etc. müssen schließen. Die ersten Flüge werden eingestellt.
Auch Myanmar verschärft die Regelungen – Touristen aus bestimmten Ländern müssen bei Einreise in eine 14-tägige Quarantäne oder dürfen nicht einreisen.
Unsere Schweizer Nachbarn entscheiden sich deshalb, ihre Reise abzubrechen und kontaktieren ihr Reisebüro in St. Gallen, das für sie einen Heimflug buchen soll. Nur ist das nicht so einfach – es ist Wochenende und freie Plätze in den Fliegern Mangelware.
Das ältere Ehepaar aus Luxemburg ist in Panik – ihr Rückflug mit Singapur Airlines über Singapur wurde komplett storniert, Singapur lässt keine Ausländer mehr rein, nicht mal im Transit. Eine Alternative wird ihnen jedoch nicht angeboten, sie haben keine Ahnung, wie sie nach Hause kommen sollen. Ihr Reiseveranstalter hüllt sich in Schweigen.
Wir fahren mit unserem E-Scooter ein bisschen in der Gegend herum, aber nicht mal auf Fotos habe ich derzeit Lust. Irgendwie ist gerade alles ein bisschen zu viel.
Nur Dieter behält die Nerven – und die Lust am Video! Er steht sogar frühmorgens auf, um den Fischern bei der Arbeit zuzusehen.
Wobei die Burmesen von der ganzen Sache nur wenig mitzubekommen scheinen. Kein Mensch trägt hier Mundschutz, alle wirken total entspannt. Naja – die müssen sich ja auch keine Sorgen machen, wie sie nach Hause kommen!
Und ich checke weiterhin unsere Buchung … Noch hat sich nichts geändert.
Auch das abendliche Spektakel am Himmel nicht!
17./18. März 2020
Morgens wie immer als erstes der Griff zum Handy – schauen, was Freunde und Familie per WhatsApp mitteilen, danach mal kurz in unsere Flugbuchung reinschauen.
Da trifft mich fast der Schlag – der Flug mit der Lufthansa nach Frankfurt am 25. März wurde storniert!!!! Und im Moment wird auch noch keine andere Verbindung angezeigt! Lediglich der Flug von Frankfurt nach Paris dümpelt dort weiterhin rum. Hektisch schaue ich bei Swissair nach – dort wird der Lufthansaflug nach wie vor als bestätigt angezeigt.
Vielleicht ist das alles nur ein IT-Problem. Ich logge mich mit der LH-ID bei der Lufthansa-App ein, um einfacher auf unsere Buchung zugreifen zu können – dort heißt es jedoch lapidar “Sie haben KEINE bestehenden Buchungen!”
Jetzt bin ich wirklich einem Herzinfarkt nahe – die können uns doch nicht einfach den Rückflug stornieren! Und dann lapidar auf ihre – unerreichbare! – Hotline verweisen, um ggf. umzubuchen.
Es ist noch sehr früh, erst kurz vor 7 Uhr, aber der Tag scheint bereits gelaufen zu sein. Jedenfalls ist eines klar – wir müssen zusehen, dass wir so schnell wie möglich aus Myanmar raus und nach Bangkok kommen. Dort stehen die Chancen erheblich besser, dass wir ggf. einen Rückflug bekommen.
Während Dieter noch seelenruhig schläft und von meiner Aufregung gar nichts mitbekommt, schaue ich mal nach, ob wir unseren Flug von Thandwe nach Yangon am 21. März sowie den weiteren Flug von Yangon nach Bangkok am 22. März auf ein früheres Datum umbuchen können. Der Inlandsflug in Myanmar ist kein Problem – er lässt sich sogar völlig kostenlos umbuchen! Der Flug mit der Thai von Yangon nach Bangkok ist jedoch nicht stornierbar – bzw. die Stornogebühren wären teurer als das Ticket!
Aber egal – jetzt will ich nur noch weg hier!
Beim Frühstück wird an allen Tischen heftig debattiert – praktisch alle haben sich für einen vorzeitigen Abbruch ihrer Reise entschieden! Das Paar aus Luxemburg hat in seiner Verzweiflung sogar den luxemburgischen Botschafter in Bangkok kontaktiert – anders als die deutsche Botschaft will der sich um seine Landsleute kümmern. Auch die allein reisende Schweizerin will jetzt abreisen – ihr Mann versucht offenbar schon seit Stunden, von der Schweiz aus für sie einen Flug zu buchen.
Andere sind nach wie vor hilflos – ihre Reiseveranstalter sind unerreichbar und sie haben keine Ahnung, wie sie heim kommen sollen.
Wir entscheiden uns, 3 Tage früher aus Myanmar abzureisen, am 19. März. Der Inlandsflug ist schnell umgebucht, für den Weiterflug nach Bangkok wählen wir Myanmar International Airways – MAI, obwohl die früher als Katastrophenairline galt. Aber die Auswahl ist nicht groß, wenn wir an einem Tag von Thandwe aus bis Bangkok wollen. Ursprünglich wollten wir noch eine Nacht in Yangon verbringen – das war uns mittlerweile aber zu riskant geworden.
Nachdem die neuen Flüge unter Dach und Fach sind, teile ich der Rezeption mit, dass wir früher abreisen. Und dann schaue ich nochmal nach unserer Buchung – dieses Mal über unser Miles&More Konto.
Und siehe da – es gibt schon wieder eine Änderung! Jetzt sollen wir wieder mit dem ursprünglichen Flug, also mit der Swiss, fliegen! Und zwar nur bis Zürich. Der Anschlussflug nach Paris ist nach wie vor gestrichen.
Das ist zwar im Grunde genau das, was ich schon vor 10 Tagen angefragt hatte – aber damals gingen noch Züge von der Schweiz nach Deutschland. Mittlerweile wurde der Zugverkehr weitgehend eingestellt – wie sollten wir also nachts von Zürich aus nach Hause kommen????
Vorsichtshalber schauen wir noch direkt bei der Swiss sowie bei der Lufthansa nach. Überall das selbe Bild, wir sollen jetzt offenbar tatsächlich wieder mit der Swiss am 25. März fliegen.
So langsam finden wir uns damit ab – jetzt müssen wir nur noch überlegen, wie wir von Zürich aus weiter kommen. Nachdem Flüge ausscheiden, weil 1. viel zu teuer (400 CHF pro Person!!!) und 2. dann noch eine Übernachtung in der Schweiz nötig wäre, entscheiden wir uns, einen Mietwagen zu nehmen. Das ist zwar auch nicht gerade billig (ca. 325€) und wir können ihn auch nicht in Heidelberg, sondern nur in Frankfurt am Flughafen abgeben, aber es ist die mit Abstand schnellste und sicherste Variante.
Buchen kann man grenzüberschreitende Mietwagen offenbar nicht über Portale, sondern nur direkt bei den Verleihern. Aber da diese eine kostenlose Stornierung bis zur Abholung des Wagens anbieten, ist das Risiko überschaubar. Und das ist auch gut so, denn nach unseren bisherigen Erfahrungen könnte es ja durchaus sein, dass der Flug ein weiteres Mal geändert wird!
Und genau so sollte es kommen …
War aber zumindest heute noch kein Thema – zunächst waren wir erst mal erleichtert, dass wir offenbar doch irgendwie nach Hause kommen würden und genossen einfach nur – den Sonnenuntergang!
Trotz all der Aufregungen, trotz des ganzen Ärgers, den ihr wegen eurer Rückflüge hattet, hätte ich mit tausend Freuden mit euch getauscht!
Welch einmalige Situation, fast allein am Ngapali Beach zu sein – paradiesisch… oder zumindest beinahe, aber auch im echten Paradies gab es ja bekanntlich eine Schlange 😉