Flucht aus dem Paradies

Donnerstag, 19. März 2020

Unser letzter Morgen am Strand. Eigentlich ist es ja wirklich paradiesisch schön hier!
Und gäbe es das Virus und die dadurch bedingten Probleme nicht, hätten wir unseren Aufenthalt hier auch bis zur letzten Minute total genossen!

Doch je mehr wir hören und lesen, desto mehr sind wir froh, dass wir heute aus Myanmar abreisen, die Meldungen werden immer dramatischer.

Unser Flug geht erst um 12:55, also reichlich Zeit für ein ausgedehntes Frühstück. Wobei das Angebot allerdings in den letzten Tagen mehr und mehr zusammenschnurrte – bei so wenigen Gästen kann verständlicherweise kein Büffet mehr geboten werden.

Aber richtig Appetit hat sowieso keiner, vor lauter Reden kommen wir auch kaum zum Essen. Die Luxemburger haben mittlerweile durch Vermittlung ihres Botschafters einen Flug über Hongkong nach London bekommen. Ich habe zwar leise Zweifel, ob das wirklich so klappen wird und vor allem, ob sie von London aus problemlos nach Luxemburg kommen – aber die behalte ich für mich, die beiden sind ohnehin schon extrem angespannt.

Das Schweizer Ehepaar will am 22. März nach Bangkok fliegen und am Tag darauf weiter in die Schweiz. Dass die Thais ab dem 21. März eine Zwangsquarantäne von 14 Tagen für alle Einreisenden verhängen, ahnt damals noch keiner. Auch die allein reisende Schweizerin könnte Probleme bekommen – sie will am 23. März von Yangon aus mit einem Zwischenstopp in Bangkok nach Zürich fliegen.

Abenteuerlich klingen die Flugpläne einer 4-köpfigen Gruppe – sie wurden umgebucht auf eine ganze Reihe von Flügen, die sie in 38 Stunden (!!!) mit 4 Zwischenstopps (unter anderem in Athen!) zurück in die Schweiz bringen sollen. Leider haben wir keine Adressen ausgetauscht – es wäre spannend, zu erfahren, wie es allen ergangen ist.

Wir packen unsere Koffer, stecken noch reichlich Kyat in die Trinkgeldbox fürs Personal, dann geht’s zum Flughafen in Thandwe. Hier ist alles absolut entspannt.

Der kleine Flieger von KBZ Air startet superpünktlich, praktisch jeder Sitz ist belegt! Wir hatten also wirklich Glück, dass wir überhaupt noch Plätze bekommen haben.

Die Einreise in Yangon ist locker – bei Inlandsflügen finden wohl noch keine Kontrollen statt. Wir müssen allerdings den Flughafen wechseln und mit dem Shuttle zum Internationalen Terminal fahren.

Aus der Lockerheit wird jedoch recht bald Stress – um ein Haar wären wir gar nicht in unseren Flieger gekommen!

Bis zu unserem Weiterflug nach Bangkok haben wir fast 3 Stunden Zeit, die nutzen wir erst Mal, um die übrigen Kyat in Euro zu tauschen. Dann geht’s gemächlich zum Check-in, wo es aber schnell mit der Ruhe vorbei ist.

Zunächst wird die Temperatur gemessen und akribisch auf einem Zettel vermerkt, den wir beim Einchecken vorzeigen müssen. Mit 36,5° sind wir clean. Beim Check-in sind vor uns nur zwei andere Reisende, aber es dauert ewig. Wir fragen uns, was da eigentlich verhandelt wird und weshalb sowohl an unserem als auch am Nachbarschalter die Leute aufgebracht wieder vom Schalter weggehen – bis wir selbst an der Reihe sind.

Als erstes werden wir gefragt, wo wir in den letzten 14 Tagen waren. Anhand von Bordkarten können wir detailliert nachweisen, dass wir in keinem einzigen Risikoland waren. Aber die Eincheckdame stellt sich stur, wedelt mit einem Zettel rum, auf dem 15 Nationen stehen, die als Hochrisikoländer gelten, darunter auch Deutschland. Ich muss ihr erst mal mühsam klar machen, dass es hier nicht um die Nationalität des Reisenden geht, sondern um die Nation, aus denen jemand gerade kommt.

Schließlich besteht sie noch darauf, dass wir uns die App der AOT (=Airports of Thailand) runterladen und ein Online-Gesundheitsformular ausfüllen, das angeblich ab sofort Pflicht ist. Ohne App keine Bordkarte!

Ringsherum sind alle damit beschäftigt, die App runter zu laden, einen Account einzurichten, den Pass zu fotografieren, das Bild hoch zu laden und das Gesundheitsformular auszufüllen, damit sie an ihre Bordkarten kommen. Es müssen Fragen zur Gesundheit beantwortet, Airline und Sitzplatz angegeben werden, der Aufenthalt in den letzten 14 Tagen und die genaue Adresse in Thailand sowie Email und Mobilnummer – letzteres musste zwischendurch auch noch verifiziert worden. 

Nicht nur für uns ist das Stress pur! Wir schaffen es wirklich erst in den allerletzten Minuten vor dem Boarding, alles hochzuladen und auszufüllen.

Auf dem Weg zum Gate kommen wir an diversen Displays vorbei, die die Flüge anzeigen. Rund 70% der Flüge stehen als „cancelled“ da!

Wieder sind wir froh, dass wir noch einen Flug bekommen haben und an Bord gehen können. Die nächste Auflage kommt dann aber gleich per Durchsage im Flieger – man solle bitte Masken tragen! Zum Glück hatte ich gestern in Thandwe in einer Apotheke in paar einfach Zellstoffmasken gekauft, die wurden jetzt aufgesetzt. Auch das Personal trägt selbstverständlich Masken.

Bei der Einreise in Bangkok steuern wir den Fast-Track an, um nicht irgendwo in einer Schlange stehen zu müssen. Den darf man (nebst Begleitperson) benutzen, wenn man über 70 Jahre alt ist. Erneut wird Fieber gemessen, erneut sind wir clean. An der Immigration ist nichts los – aber der Ton ist ziemlich rau! Eine bissige Beamtin will nicht nur Pass und Einreiseformular sehen, sondern auch das Gesundheitsformular aus der App.

Aber natürlich funktioniert die App nicht – wir haben noch die burmesische Simcard im Handy und das Airport-WLan hätte auch erst mal frei geschaltet werden müssen. Die Beamtin ist entsprechend ungehalten, schickt uns zurück, damit wir den Gesundheitsbogen von Hand ausfüllen. Erst eine nette weitere Beamtin, die dazu kommt, löst das Problem. Wir hatten Screenshots von unserer Anmeldung in der AOT-App gemacht – das reicht, denn auf der ersten Seite gibt es einen QR-Code, den der nächste Beamte (die Schreckschraube von vorhin mieden wir) auslesen konnte – damit dürfen wir einreisen.

Jetzt waren wir am Abend des 19. März immerhin mal in Bangkok! Die nächsten Tage wollen wir wieder im Millennium Hilton verbringen – dort hatte ich ursprünglich ein Zimmer für den 22.-25. März gebucht. Obwohl das eigentlich weder umbuchbar noch stornierbar war, konnten wir die Daten problemlos auf den 19.-22. März ändern. Auf einen längeren Zeitraum wollten wir uns noch nicht festlegen – denn nach wie vor war ich sehr skeptisch, ob das mit dem Rückflug Bestand haben würde.

Aber davon wollten wir jetzt mal ein Weilchen nichts wissen, jetzt waren wir erst mal da und freuten uns einfach nur über ein kühles Bier und eine scharfe Tom Yam Gung im „Be My Guest“ am Fluss

4 Kommentare zu “Flucht aus dem Paradies

  1. Das war ja wirklich eine hochdramatische Situation am Flughafen! Ich bewundere euch, daß ihr es geschafft habt, trotz extremem Zeitdruck und Stress alle Infos beizubringen, die Formulare auszufüllen und hochzuladen etc .  

    Das hätten wir nie und nimmer in der gebotenen Zeit hingekriegt, wir wären also in Yangon am Flughafen zurückgelassen worden. Was aber wäre dann mit uns geschehen – Zwangseinquartierung irgendwo? oder hätte es doch noch einen Flug nach Bangkok gegeben?

    • Keine Angst – wer es absolut nicht schaffte oder gar kein Handy bzw. keine burmesische Simcard hatte, hat kurz vor knapp dann doch eine Bordkarte bekommen. Allerdings nicht ohne den Warnhinweis, dass es bei der Einreise Probleme geben könnte.
      Also – gestrandet wärt ihr wohl nicht!

  2. Wenn uns Corona jemals wieder nach Bangkok läßt, werden wir das Be my Guest besuchen!

    • Kann ich euch wirklich empfehlen – obwohl die Stühle höllisch unbequem sind! Aber die Atmosphäre direkt am Fluss ist wirklich schön – und die Küche nicht schlecht. Sehr viele der Gäste sind Thais.

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