16. August – Heiß und Eis: Der Nigardsbreen

Schon was anderes, wenn man morgens den Fjord in der Sonne sieht! Und nicht, wie beim letzten Mal, im Regen nur erahnt!

Weil wir heute was Größeres vor haben, geht’s zeitig zum Frühstück. und dort bekommen wir dieses Mal nicht den Katzentisch in der Ecke, sondern einen Tisch am Fenster!

Freie Auswahl hat man hier nämlich nicht – jeder Tisch im Frühstücksraum ist einem Zimmer zugeordnet.

Corona-bedingt ist das Angebot etwas begrenzt, aber es gibt  unter anderem frische Himbeeren und eine schöne Auswahl an Käse, Fisch und Schinken. Jedenfalls machen wir uns satt auf den Weg.

Zuerst  um das Ende des Fjords herum, zur Fähre. Hier haben wir einen letzten Blick auf Balestrand –  gut erkennbar, selbst aus der Ferne, ist der potthässliche Anbau am Kviknes Hotel.

Wir müssen wieder rüber, nach Hella, eine Sache von 5 Minuten – aber wie so oft entschwindet die Fähre gerade, als wir zum Anleger kommen. Also heißt es mal wieder warten. 20 Minuten lang …

Etwas verwirrend sind die getrennen Spuren, links geht’s nach Hella, rechts nach Vangsnes. Letztlich führen beide Spuren auf die Fähre – wir werden nach links beordert, die anderen müssen rückwärts drauf fahren, auf die rechte Seite. Auch hier können wir wieder einfach auf die Fähre fahren, unsere Autonummer wird von Kameras erfasst, und da wir einen Autopass-Transponder an der Windschutzscheibe haben, wird der Fahrpreis einfach abgebucht.

Auch wenn es schon mal erwähnt wurde – ohne die wirklich umfassenden Infos zum Thema „Autopass“ im Nordlandblog – der übrigens auch ansonsten für die Vorbereitung einer Norwegen- oder sonstigen Skandinavienreise fast unentbehrlich ist! – hätten wir dieses praktische Gerät garantiert nicht installiert.
Zusammen mit der Fährenkarte „Ferjekort“ bekommen wir jetzt bei jeder Fährüberfahrt und auf den meisten der vielen Mautstraßen Rabatt.


Die Fahrt ist denkbar kurz, es reicht gerade für ein Foto, dann geht die Klappe bereits wieder auf und wir können runter fahren.

Es geht am Sogneford entlang bis Sogndal.

Vorbei an fast endlosen Obstplantagen fahren wir bis zum Ende des Fjords. Der liegt absolut spiegelglatt in der Morgensonne und zeigt immer wieder faszinierende Spiegelbilder.



Später noch ein kleines Stück am Lustrafjord entlang, kurz vor Gaupne verlassen wir die Fv55 und biegen Richtung Jostedal/Ngardsbreen ab.


Die Straße steigt langsam an, es wird waldig, felsig.

Dann wieder Wiesen und Äcker, es duftet nach Heu.
Kurz vor dem Ende der Straße steht das Infocenter Breheimsenter. Hier gibt es eine informative Ausstellung zur Entwicklung des gigantischen Jostedalsbreen, dem größten Festlandgletscher Europas. Rund 500 qkm Fläche, 60 km lang und 40 km breit, mit Bergen bis zu fast 2.000m und einer Eisdicke von bis fast 600m ist er schon monumental! Würde er komplett schmelzen, so könnte sein Schmelzwasser den Wasserbedarf ganz Norwegens für rund 100 Jahre decken!

Er hat unzählige Seitenarme, einen davon, den Nigardsbreen, besuchen wir heute. Kurz vor der Mautstelle ein erster Blick auf den Gletscher.

Einen besseren Blick hat man aber von der Terrasse des Besucherzentrums.

Über die Mautstraße fahren wir bis zum See, dem Nigardsbrevatnet. Dort stellen wir das Auto ab – mit der Maut ist auch das Parken abgegolten. Es ist unheimlich warm, die Sonne knallt vom Himmel, Sonnenschutz wird aufgetragen, die Wasserflasche leer getrunken, Hüte aufgesetzt – dann ziehen wir los.

Mit einem winzigen Boot geht’s für 40 NOK (=ca. 3,65€, hin und zurück) über den glasklaren, türkisblauen Gletschersee.



Nach ein paar Minuten Fahrt steigen wir aus, auch der Blick zurück ist toll! Der Weg an Land führt zunächst komfortabel über hölzerne Stege.


Während wir mit dem Boot hier ankommen, sind etliche – vor allem deutlich jüngere – Leute die gesamte Strecke vom Parkplatz bis hierher bereits über die Felsen am Ufer gewandert.

Felsig geht es dann gleich auch für uns weiter. Zwischendurch auch mal ziemlich morastig. Obwohl es seit Tagen nicht geregnet hat, ist der Weg immer mal wieder recht feucht.

Dann wird es ernst – zuerst über Leitern rauf, oben dann über teils sehr steile, glatte Felsen, aber auch durch Geröll und über diverse Felsbrocken geht es bergan.

Der Gletscher scheint immer wieder zum Greifen nah – aber es ist doch eine ganz schöne Strecke!

Immer mal wieder ein Blick zurück …

Dazu bleibt man allerdings besser stehen, denn das Gelände ist doch ziemlich unwegsam. Und ich möchte gar nicht wissen, wie rutschig die Felsen nach einem Regen sind!

An besonders steilen/glatten Stellen sind Halteseile angebracht, da kann man sich dann bequem dran emporziehen!

Schließlich, nach einer knappen Stunde, sind wir oben, stehen direkt vor der Gletscherzunge!

Während wir ziemlich aus der Puste sind, in der Hitze schwitzen, tragen eine ganze Reihe junger Eltern lockeren Schritts sogar ihren Nachwuchs noch auf dem Rücken hier hoch! Und sehen trotzdem taufrisch aus!

Es sind vielleicht zwei Dutzend Leute hier unterwegs – zu früheren Zeiten könnten es leicht ein paar hundert gewesen sein! Alle verhalten sich ruhig, freundlich, hilfsbereit – kein einziger hat einen Selfiestick, an den guten Fotospots wird nicht gedrängelt, sondern geduldig gewartet, bis der oder die andere die Fotos im Kasten hat. So macht Reisen wieder richtig Freude!
Ganz nah ans Eis geht es allerdings nur per Zoom…

Die Gefahrenzone ist abgesperrt und erstaunlicherweise hält sich auch jeder dran. Niemand versucht, unter den Sperrketten hindurch näher ans Eis zu gelangen. Man geht zwar hart an den Rand, aber nicht darüber hinaus.

Man kann hier stundenlang einfach nur staunen, sich umschauen, die Natur genießen.

Dann geht’s aber doch wieder bergab, auch hier sind die gefährlichen Ecken durch Ketten abgesperrt.

Der Rückweg dauert genauso lange wie der Hinweg, es ist mühsam, mit einem lädierten Knie einen Weg über rutschige Felsen und zwischen wackligen Steinen hindurch zu suchen.

Schließlich ist das Boot wieder erreicht – unterwegs fische ich noch ein paar kühlende Eisbrocken aus dem Gletscherbach, der den Weg kurz vor der Anlegestelle begleitet. Tut wirklich gut, ein bisschen Eis in der Hitze!

Bevor es endgültig zurück in die Zivilisation geht, gibt es noch einen Kaffee und ein richtiges Eis im Besucherzentrum (das übrigens eine schöne Terrasse mit tollem Gletscherblick hat!) Dann folgen wir dem Gletscherbach, dem Jostedela.

Und landen schließlich wieder auf der FV55. In Hafslo wird sehr günstig getankt, im Laufe des Tages sind die Preise gefallen. Dort scheint gerade ein Oldtimertreffen stattzufinden.

Außerdem hat man eine tolle Aussicht auf einen See.

Vorbei an Wiesen und Feldern, durch kleine Dörfer, fahren wir wenig später auf der E5 nach Norden.


In der Ferne sehen wir etwas, das schon wieder nach Gletscher aussieht! Und das nun auch zu beiden Seiten der Straße!
Ein kleines Schild am Straßenrand klärt auf – es ist der Bayabreen, einer der vielen Arme des Jostedalgletschers.

Da müssen wir einfach anhalten! und erleben eine echte Idylle – Kühe liegen friedlich im Gras herum, vor einer mehr als dramatischen Szenerie.


Hier treffen wir eine Motorradfahrerin aus Mannheim, die ganz alleine durch Norwegen tourt. Sie ist auf der Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit, würde sich am liebsten mit ihrem Zelt zu den Küchen auf die Wiese stellen …

Unsere Übernachtungsmöglichkeit ist jetzt nur noch ein paar Minuten entfernt – In Jolster, einem Ortsteil von Skei, haben wir ein Apartment gemietet. Etwas skeptisch waren wir schon, denn der Preis war sensationell günstig – aber wir haben einen Volltreffer gelandet! Zwar ist das Apartment mangels Straßennamen ziemlich schwierig zu finden (und die Wegbeschreibung des Eigentümers auch nicht sonderlich präzise), aber die Ecke, wo es sein sollte, ist klein, und glücklicherweise hatte ich im Internet ein Foto von der Außenansicht gefunden.

Das half – nach ein bisschen herum irren kommen wir doch gut an.

Ein bisschen wie ein Südstaatenhaus von außen, mit großer Terrasse.

Und innen unglaublich hell, skandinavisch sparsam, aber sehr geschmackvoll möbliert, alles da – sogar Waschmaschine, Trockner und Spülmaschine – und eine Sauna!!!!

Einziges – für uns allerdings unwichtiges – Manko: Die Betten in den beiden Schlafzimmern sind seeeeehr schmal! Das eine ist 1,40m breit, das andere 1,50m – wenn hier mehr als 2 Personen schlafen wollen, wird es eng.

Die Betten muss man übrigens selbst beziehen, das gibt es hier öfters. Wir entscheiden uns heute mal für getrennte Schlafzimmer – sitzen aber vorher lange zusammen auf der Terrasse, zuerst beim Bier …

… später bei einer deftigen Brotzeit aus unseren Vorräten, denn Restaurants gibt es hier nicht!

Das war unsere Strecke heute:

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