Gestern Abend hieß es, irgendwann zwischen 7:30 und 8:30 werde das Schiff den Polarkreis überqueren. Wetten auf die genaue Uhrzeit (sekundengenau!) wurden angenommen, als Gewinn lockte eine Hurtigruten-Fahne.
An der Wette nahmen wir nicht teil, aber die Polarkreisüberquerung wollten wir natürlich unbedingt erleben und stellten den Wecker auf 7 Uhr. Kurze Katzenwäsche, dann ging’s hoch auf Deck 7. Dort war schon einiges los, denn natürlich wollte sich wohl kaum jemand diesen Moment entgehen lassen.
Über Lautsprecher wurde wenig später in drei Sprachen auf das unmittelbar bevorstehende Ereignis hingewiesen, alles stürzte nach Backbord, um das Zeichen zu entdecken, das die genaue Lage der Polarkreislinie dokumentiert.
Und dann tauchte es auf – eine winzige Schäre, auf der das Modell einer Weltkugel steht! Um exakt 7:52 Uhr passierten wir das Wahrzeichen.
Alle Kameras klickten – bzw. kaum eine Kamera klickte, denn fast alle hielten lediglich ihr Smartphone in die Luft …
Dann waren wir vorbei – und angekommen im Reich der Mitternachtssonne. Nur wollte die nicht so recht scheinen.
Wir hätten jetzt gerne ein Frühstück gehabt – da wir uns dafür aber nicht angemeldet hatten, mussten wir leider warten, bis das Café um 10 Uhr öffnete. Kein netter Zug von den Hurtigruten, die Gäste auf diese Weise zum sehr teuren Frühstücksbüffet zu nötigen!
Immerhin hatte eine nette Bedienung im Bistro Mitleid mit uns und schenkte uns (kostenlos!) zwei Tassen Kaffee ein, füllte sie sogar später nochmal auf. So waren wir immerhin ein bisschen gestärkt, als es um 9:30 Uhr auf Deck 7 zur Polarkreistaufe ging.
Hier wartete schon eine Gruppe aufgeregter Kinder auf das Erscheinen des Meeresgottes Njörd, der hier im Norden regiert. Njörd ist die freundlichere (und intelligentere) Variante der beiden nordischen Meeresgötter, beruhigt Stürme, hilft Menschen in Not und sorgt für günstige Winde. Zwar kam Njörd stampfend und einen Dreizack schwingend an Deck, war aber ziemlich eindeutig weiblich.
Die Kids ließen sich durch den martialischen Auftritt allerdings kein bisschen einschüchtern.
Erst, als ihnen von Njörd eine Kelle Eiswürfel in den Kragen gekippt wurde, liefen sie kreischend weg. Eine ganze Reihe Erwachsener ließ danach ebenfalls die Prozedur der Polartaufe über sich ergehen. Kaum war das Eiswasser im Kragen, begannen die absurdesten Verrenkungen, um die Eiswürfel wieder loszuwerden! Offenbar hatten nur wenige den Tipp beherzigt, auf keinen Fall das Hemd/T-Shirt in die Hose zu stopfen, damit die Eiswürfel ungehindert wieder rausfallen konnten. So ging es bei vielen deutlich sichtbar in die Hose.
Zuletzt wurden noch die Gewinner des Zeitrate-Wettbewerbs (zwei junge Franzosen) gekürt und bekamen ihre Flagge.
Dann wurde es langsam wirklich Zeit für ein Frühstück! Die Auswahl im Café Multe hat einen eindeutig süßen Schwerpunkt.
Nun hatten wir nur noch wenige Stunden an Bord, also wieder in den “Wintergarten” und einfach nur geguckt.
Noch einmal legten wir an, in Ørnes.
Wenig später tauchten schon der Leuchtturm und die Hafeneinfahrt von Bodø auf.
Pünktlich um 13:15 legte die Richard With bei strahlendem Sonnenschein in Bodø an, und wir verließen das Schiff mit einem Hauch von Wehmut – es war wirklich wunderschön gewesen! Konkret ging allerdings nur ich von Bord, Dieter begab sich in den Bauch des Schiffes zum Auto.
Ein letzter Blick auf unser Schiff, auf den “Wintergarten” direkt unterm Schornstein, während ich auf Dieter wartete.
Es dauerte dieses Mal zum Glück nicht so lange wie in Trondheim, nur ca. 15 Minuten nach mir waren auch Dieter samt Auto wieder auf festem Boden.
Bis zur Abfahrt der Fähre zu den Lofoten dauerte es noch eine Weile, sie fuhr erst um 16 Uhr. Immerhin hatten wir – mit Riesenglück – gestern noch einen Platz auf dieser Fähre ergattert, die um 20 Uhr in Moskenes anlegt. Denn bei allen Versuchen die Tage zuvor war diese Fähre komplett ausgebucht gewesen, wir hätten um 17 Uhr mit einer langsamen Fähre fahren müssen, die erst um Mitternacht ankommt.
Völlig unerwartet wurde dann gestern Abend doch noch ein Platz auf der 16 Uhr Fähre frei, den sicherten wir uns sofort. Bis zur Abfahrt war aber noch reichlich Zeit, Bodø zu erkunden. Allerdings gab es da nicht allzuviel – eine Fußgängerzone und ein Hafen, das war’s dann so ziemlich. Im Hafen stand eine gut frequentierte Eisbude, das ließen wir uns nicht entgehen!
Ansonsten genossen wir – wie viele andere – einfach die Sonne und die Wärme.
Kurz bevor unsere Fähre auslief, startete auch die Richard With und wir sahen sie ein letztes Mal an uns vorbeiziehen.
Die Fähre war innen wenig einladend – die wenigen Fensterplätze waren alle schon belegt, bis wir an Bord waren, ansonsten waren in der großen, ziemlich düsteren, Kabine nur Plätze in 10er Reihen verfügbar. Glücklicherweise blieb das Wetter während der ersten ein, zwei Stunden sonnig, so dass wir es uns an Deck gemütlich machen und zusehen konnten, wie das Festland langsam verschwand.
Kurz vor 20 Uhr erreichten wir die Lofoten, den Hafen von Moskenes.
Leider hatte sich das Wetter mittlerweile verschlechtert, immer mehr Wolken tauchten auf. Schon auf dem Weg zu unserer Unterkunft legten wir deshalb einen kurzen Fotostopp am Wegrand ein.
Zügig ging’s dann weiter nach Sakrisøy, wo uns unsere Unterkunft, das Sakrisøy Gjestegård auf Anhieb absolut begeisterte! Das wunderschöne alte Herrenhaus hatten wir schon im Dezember in der (unbedingt sehenswerten!) ARD-Fernsehserie “Twin” bewundert, nun sahen wir es auch von innen und waren hingerissen.
Im Erdgeschoss gibt es eine malerische Gemeinschaftsküche und ein Wohnzimmer für die Gäste der 10 Zimmer.
Unser Zimmer befand sich ganz oben unterm Dach, das hieß, den Koffer zwei extrem schmale und steile Treppen hinauf wuchten. Aber die Mühe lohnte sich – wir wurden belohnt nicht nur mit einem wunderbar gemütlichen Zimmer, sondern auch einem traumhaft designten Bad. Und sowohl Zimmer als auch Bad hatten Fenster mit sensationellen Ausblicken – deshalb hier eine kleine Slideshow.
Kleines Manko – direkt unterhalb des Hauses wurde Kabeljau getrocknet, bzw. mittlerweile waren es nur noch die Köpfe, die dort hingen und einen ziemlich heftigen Duft verströmten. Aber der verfolgt einen auf den Lofoten ohnehin fast überall – also gewöhnt man sich besser gleich dran!
Trotz aller Begeisterung – wir mussten nochmal los, um die noch halbwegs gute Wetterlage für ein bisschen Sightseeing zu nutzen, denn für morgen war Regen angesagt. Zuerst nach Reine – sicher einer der meistfotografierten Orte auf den Lofoten.
Eigentlich wollten wir noch ein gutes Stück weiter, denn es bleibt ja die ganze Nacht hell – leider setzte bereits beim Besuch der knallroten Fischerhäuschen, der Rorbuer, die heute allesamt Ferienunterkünfte sind, der Regen ein.
Eigentlich wäre deshalb jetzt der richtige Moment für ein gutes Essen in einem netten Lokal gewesen – nur leider macht hier alles um 21 Uhr zu und das war längst vorüber!
Also gab’s Brot, Lachs und Käse sowie ein kühles Bier auf dem warmen und trockenen Zimmer, mit Blick auf den mittlerweile draußen tobenden Regensturm.
Die heutige Strecke ab Bodø:
Habt Ihr denn schon Kabeljauzunge gegessen?
Wir haben es heute tatsächlich kurz überlegt, denn im Restaurant unseres Gästehauses stand es auf der Karte, genauso wie Walsteak. Beides haben wir dann aber doch verschmäht und einen ordinären Hamburger (der aber sehr gut war) gegessen.
So eine Fahrt mit der Hurtigruten ist schon etwas Schönes, davon träume ich seit langem…
Aber eure Unterkunft ist ja wohl das absolute highlight – ich habe selten eine so malerisch und liebevoll eingerichtete Herberge gesehen, wirklich außergewöhnlich…
Wozu hängen eigentlich noch die Kabeljau-Köpfe am Gestell – werden die etwa auch für irgendwas verwendet?
Das mit den Köpfen haben wir uns auch gefragt und eine Antwort in einem Artikel der FAZ gefunden https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/kabeljau-fang-kopflos-auf-den-lofoten-11755688.html
Demnach gehen die Köpfe erstaunlicherweise nach Afrika!