18. Juli : Andenes – Auf der Suche nach der Fluke

Der heutige Tag sollte eines der Highlights hoch oben im Norden werden.

Wir hatten geträumt von blauem Himmel, eventuell ein paar weißen Schaumkronen auf dem Wasser und natürlich von gewaltigen Atemfontänen, riesigen Rücken, die majestätisch abtauchen und am Ende eine riesige Fluke, die Wassertropfen sprühend langsam ins Meer verschwindet.

Denn die Ecke, in der wir waren – das äußerste Ende der Vesterålen, rund 300 km nördlich des Polarkreises – ist ein Ort, an dem sich die Wale geradezu auf die Flossen treten!

Es ist das Junggesellen Revier bzw. das Revier der männlichen Pottwale, aber auch diverse andere Walarten findet man hier, unter anderem auch Orcas. Das Nahrungsangebot ist hier überwältigend und das Meer sehr tief, so dass sich die Riesen hier absolut wohl fühlen. Deshalb ist eine Walbeobachtungstour hier oben praktisch ein Muss.

Unser Plan war das eine, das Wetter jedoch das andere. Beim Aufwachen um 7 Uhr goss es in Strömen. Die Wetter App verhieß jedoch Aufklarung und sogar etwas Sonne ab 11 Uhr, am Nachmittag sollte es allerdings wieder nass werden. Blöd nur, dass wir die Tour erst für den Nachmittag um 16 Uhr gebucht hatten und die Vormittagstour um 11 Uhr laut Webseite von Whalesafaris Andenes ausgebucht war.

Da half nur, es einfach trotzdem zu probieren. Um 9 Uhr öffnete das Büro der Walsafaris, und um 9 Uhr standen wir auf der Matte und setzten unsere gesamte Überredungskunst ein, um die beiden Damen dazu zu bewegen, uns doch noch mit aufs Vormittagsboot zu lassen. Es war nicht ganz einfach, denn „eigentlich“ war das Boot mit der wegen Corona reduzierten Anzahl von Passagieren bereits belegt, aber offenbar zählen Kinder unter 6 nicht oder nur bedingt und da es davon wohl einige gab, rutschten wir gerade noch so mit rein.

Und freuten uns wie die Schneekönige – denn es wurde tatsächlich immer heller und sonniger draußen!

Vor dem Ausflug kam noch die Information – eine gute Stunde im Walmuseum, wo wir allerhand über die riesigen Meeressäuger erfuhren, unter anderem auch, dass die Seitenflossen vom Knochenbau her eigentlich Hände sind.

Der Beweis lag in einer Vitrine … Dann ging’s endlich raus, der Start wurde sogar um eine halbe Stunde vorverlegt, man wollte das gute Wetter nutzen.


An Bord der Reine herrschte zunächst eine ziemlich aufgekratzte fröhliche Stimmung. Wir tuckerten langsam aus dem Hafen raus aufs offene Meer.



Dann legte nicht nur das Schiff an Geschwindigkeit zu, sondern auch der Wind. Was den einen prima gefiel und sie nicht davon abhielt, überall rum zu turnen, sorgte bei etlichen anderen schnell für ein grün-bleiche Gesichtsfarbe und heftige Übelkeit.



Ich hatte einen super Platz ganz oben an Deck ergattert, da war eine Boje oder so was, sah aus wie ein riesiger Hüpf- oder Sitzball und war wunderbar bequem. Hier konnte man jede Welle prima mitreiten – es war richtig toll!

Kapitän und Begleiter hielten per Fernglas Ausschau nach den Tieren, horchten per Kopfhörer nach Klicklauten – aber da kam einfach nichts.

Unsere beiden Guides versprühten dennoch unablässig gute Laune.

Nach rund zwei Stunden heftige Rufe – man hatte angeblich einen Minkwal, einen Zwergwal gesichtet. Allerdings blieb diese Sichtung wohl das Geheimnis des Kapitäns, denn sonst hatte ihn keiner gesehen und es wurde schon gemutmaßt, dass das ein mieser Trick sei, um sich davor zu drücken, den Gästen die Kosten zu erstatten. Denn wenn es keine Walsichtung gibt, bekommt man sein Geld zurück.

Mittlerweile war die Sonne verschwunden, der Wind blies immer heftiger, die Zahl der Seekranken nahm ständig zu. Aber noch nahmen es die meisten sportlich, trösteten sich mit heißem Kaffee oder Tee und Unmengen von Keksen. Dann eine Durchsage – ein anderes Boot hatte eine Gruppe Orcas gesichtet, dort fahre man jetzt hin.

Zur Aufmunterung gab es jetzt eine heiße Gemüsesuppe und nach einer weiteren Stunde Fahrt die ersten begeisterten Rufe „Spekkhogger!!!!“ So heißen die Orcas nämlich auf Norwegisch – allerdings sorgte die Bezeichnung erstmal für reichlich Verwirrung unter den nicht norwegisch sprechenden Gästen.

Die legte sich aber schnell – denn jetzt sahen wir sie alle! Eine ganze Gruppe tummelte sich vor, neben und hinter unserem Boot – leider meist viel zu schnell für meine Kamera in einem extrem schwankenden Boot.

Aber ein paar Bilder gibt es doch – hier sind sie:

Eine gute halbe Stunde sahen wir den verspielten Tieren zu, irgendwann ließ ich Kamera Kamera sein und genoss nur noch das Treiben im Wasser.

Auf dem Heimweg wurde eine Graphik erstellt, auf der wir genau sehen konnten, wie weit und wohin wir gefahren waren (und auch, dass es ziemlich kühl war!) und was wir gesehen hatten: Mehr als 20 Orcas und ein Zwergwal (den nur der Kapitän gesehen hatte).

Es war heute also nicht das ganz große Erlebnis geworden, aber es war trotzdem schön und aufregend gewesen. Und wir waren noch mal mehr als froh, dass wir es aufs Morgenschiff geschafft hatten, als wir nach 5 1/2 Stunden wieder in den Hafen einfuhren und dort schon den fröstelnden Haufen der Nachmittagsteilnehmer stehen sahen.

Weil wir so lange unterwegs waren, startete deren Tour nämlich zum einen mit einiger Verspätung, zum anderen war der Himmel jetzt nicht nur durchgehend grau, sondern es begann auch bereits zu tröpfeln.

Also nichts wie runter vom Schiff, rein ins Auto und heim zu heißer Schokolade und Zitronenkuchen. Und dann einfach den letztlich doch tollen Tag nochmal Revue passieren lassen …

Die Tour von gestern und heute im Video „Vesteralen“:

2 Kommentare zu “18. Juli : Andenes – Auf der Suche nach der Fluke

  1. Hallo Renate,
    diese Tour haben wir vor 26 Jahren auch gemacht – und hatten Glück! Wir haben einen Pottwal (namens „Moby Dick“ – an der Fluke erkannt!) mehrmals auf- und vor allem abtauchen sehen!
    Dafür waren wir so seekrank, wie nie zuvor und danach; uns war nach 3 Tagen immer noch flau im Magen …
    Gruß Daniela

    • Mensch, da hattet ihr ja echt Glück! Dafür hat sich die Übelkeit hoffentlich gelohnt! Zum Glück sind wir beide in dieser Hinsicht unempfindlich, denn der Seegang war schon sehr ordentlich.

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