31. Juli – Überwältigend schön: Am Austerdalsbreen

Ein bisschen Nachlesen, was es denn mit dem so gepriesenen Austerdalsbreen auf sich hat – und wir beschlossen, dort heute hin zu fahren.

Denn „The finest ice scenery in Europe“, wie der der legendäre englische Bergsteiger W.C. Slingsby den Austerdalsbreen und seine 3 mächtigen Hängegletscher Loke, Odin und Thor bezeichnete, wollten wir uns keinesfalls entgehen lassen!
Vorher stand jedoch noch ein anderes Ziel auf dem Plan – die Stabkirche in Urnes.

Den Besuch wollten wir mit einer Fahrt um den hinteren Teil des Sognefjords verbinden, dazu mussten wir aber zunächst auf die andere Seite des Fjords. Kiki hatte uns gewarnt – die kleine Fähre, die von Solvorn aus rüber Richtung Urnes fährt, hat nur Platz für einige wenige Autos. Und weil heute Samstag war, fuhr sie nur einmal pro Stunde. Wir sollten also mindestens 30 Minuten vor Abfahrt dort sein.

Für die erste Fähre um 10 Uhr bedeutete dies, kurz nach 9 Uhr loszufahren, denn Solvorn liegt ca. 7 km kurviger Strecke von Haflso entfernt. Schon vor 9:30 standen wir am Fähranleger, außer uns wartete um diese Zeit nur ein einziges Auto mit Pferdeanhänger. Da wir noch viel Zeit hatten, schlenderten wir durch das Örtchen.

Solvorn ist wirklich wunderschön! Eingebettet zwischen den Bergen, umgeben von Obstbäumen und ohne Durchgangsverkehr liegt es malerisch am Fjord. Bunte alte Holzhäuser, oft von Rosen umrankt verleihen dem Örtchen ein zauberhaftes Flair.

Hier steht auch das älteste Holzhotel Norwegens, das Walaker Hotel, umgeben von einem farbenprächtigen Garten.



Kurz vor 10 konnten wir auf die Fähre auffahren – und zwar rückwärts!

Die Fähre füllte sich rasch – am Ende war wirklich kein Platz mehr frei für verspätete Ankömmlinge.

Des besseren Überblicks wegen kletterte ich die schmale Eisentreppe aufs Oberdeck hoch – und damit nahm das Unheil seinen Lauf. Zunächst genoss ich noch den traumhaft schönen Blick zurück aufs Dorf und die Bootshäuser.



Dann wollte ich wieder runter – und rutschte auf der nassen Treppe aus (die war kurz vor unserer Abfahrt noch mit ein paar Eimern Wasser übergossen worden.) Der Versuch, mich mit der linken Hand am Geländer festzuhalten, misslang leider, ich fiel und rutschte die gesamte Treppe hinunter und blieb unten völlig benommen liegen. Beide Arme waren aufgeschürft und blutig – es war ja warm und ich hatte nur ein T-Shirt an. Die Schulter war offenbar gezerrt und schmerzte höllisch, der gesamt Rücken geprellt (der schillerte später in allen Farben!). Nur mit Hilfe einiger umstehender Passagiere schaffte ich es ins Auto.

Dieter hatte von all dem nichts mitbekommen, weil er mittlerweile am Bug filmte, und war ziemlich erstaunt, als er mich kreidebleich und unter Schock im Auto liegend vorfand. Damit stand die heutige Tagesplanung kurz auf der Kippe, aber bis wir bei der Stabkirche in Urnes ankamen, ging es mir schon wieder deutlich besser. Die Wunden wurden desinfiziert und verpflastert und dann die Kirche zumindest mal von außen betrachtet.



Die hübsche kleine Kirche ist die älteste Stabkirche der Welt, Ihr Ursprung wird auf das Jahr 1100 datiert. In ihrer derzeitigen Form stammt sie aus dem 12./13.Jh. Weiter ging’s mit der Umrundung des Sognefjords.

Schließlich landeten wir wieder in Hafslo. Am kleinen Hafslovatnet entlang fuhren wir durch Wiesen und Felder, überall duftete es intensiv nach frisch gemachtem Heu. Am Ende des Dorfes biegt die Straße scharf nach rechts ab, hier beginnt die  Stichstraße zum Gletscher. Sie schlängelt sich rund 30 km immer am Veitastrondsvatnet entlang.

Schon die ersten Kilometer waren absolut eindrucksvoll. Allerdings konnte Dieter als Fahrer die Aussicht nur bedingt genießen, denn das Sträßchen ist EXTREM schmal!

Glücklicherweise gibt es immer wieder Ausweichstellen, so dass solche Begegnungen in aller Regel gut ausgehen.

Allerdings sollte man sich unbedingt an die Geschwindigkeitsbegrenzungen halten, denn durch die vielen Kurven sieht man den Gegenverkehr meist erst in letzter Minute.

Weil das Sträßchen so eng ist, gibt es auch keine Möglichkeit, mal für ein Foto anzuhalten. Also muss man sich mit Bildern durch die Windschutzscheibe begnügen.

Die Strecke wurde mit jedem Kilometer schöner, malerischer, dramatischer. Zunächst ist das Tal recht eng, rechts Felswände, links der See.


Und immer wieder Tunnel – allerdings nicht unbedingt gegenverkehrsfreundlich und fast alle unbeleuchtet.

Dann weitet sich das Tal, man kann einen ersten Blick auf den Gletscher werden.

Wenig später endet der See, wird zum Fluss, es gibt Wiesen, Felder und das kleine Dörfchen Veitastrond. Wir fragen uns, wie und wovon die Menschen hier leben, weit entfernt von einer größeren Stadt und im Winter vermutlich ziemlich abgeschnitten.

Es folgen lichte Birkenwälder …

… und dann endet die öffentliche Straße an einer kleinen Schranke. Daneben ein Mauthäuschen, wo man 30NOK Maut bezahlt, indem man Autonummer und Datum auf einen Briefumschlag schreibt und diesen mit dem Geld in den Kasten einwirft.


Von hier an geht’s über Almen weiter, auf denen Kühe und Schafe weiden.
Mit jedem Kilometer wird der Gletscher jetzt sichtbarer!



Wir hatten am Ende ein enges Tal erwartet, stattdessen wichen die Felswände immer mehr zur Seite und wir gelangten in eine traumhaft schönes Tal, in dem ein glasklarer eisblauer Bach durch grüne Wiesen rauschte.






Die Straße endet an einer kleinen Brücke, über die es zur Hütte „Tungestolen“ hoch geht. Hier stellten wir das Auto ab und marschierten zur Hütte hoch – einem ziemlich futuristischen, aber sehr schönen Holzbau.
Ein Kaffee mit Aussicht war genau das Richtige – und den gab es, begleitet von Kuchen, in der Hütte. Die ist noch ziemlich neu und ersetzt die alte, die 2011 von einem Sturm zerstört worden war. Der Kaffee war gut, die Aussicht fantastisch!


Tja, und jetzt hatten wir ein Dilemma. Eigentlich wollten wir die als Traumwanderung beschriebene Tour zur Gletscherzunge machen – aber obwohl es mir mittlerweile wieder recht gut ging, steckte mir der morgendliche Unfall noch ziemlich in den Knochen. Außerdem hatte ich mir offenbar das Steißbein heftig geprellt, jedenfalls war jeder Schritt mit Schmerzen verbunden. Das wurde also nichts …

Aber so ganz wollten wir das nicht aufgeben, wenigstens ein Stückchen des malerischen Wegs am Bach entlang wandern. Vorbei an wolligen Schafen …

… ging es ein Stück den Berg hinauf.


Immer den Bach zur Rechten kletterten wir über bemooste Felsen und schlüpfrige Erde, vorbei an Beeren und Moosen.




So langsam machten sich meine Blessuren allerdings heftig bemerkbar, also ging es ohne Blick auf die Gletscherzunge zurück ins Tal, wo unser Auto auf dem Parkplatz stand.
Wer wissen will, was wir versäumt haben, kann sich die wunderbaren Fotos vom Gletscher im Nordlandblog anschauen.

Nun waren wir zwar wieder unten, aber noch nicht wieder auf dem Rückweg. Denn wir entdeckten eine kleine Brücke über den Fluss, die zu mehreren Hütten, offenbar Ferienhäusern führte. Der Gletscher schien hier zum Greifen nah, also Auto abgestellt und nochmal los gelaufen.

So richtig kam man aber auch hier nicht ran, aber längst war der Gletscher gar nicht mehr so wichtig. Oder besser, es war nicht mehr so wichtig, ihm nahe zu kommen, denn auch aus der Ferne ist er atemberaubend. Und mit dem Tele kann man ihn dann ja doch noch ein bisschen ranholen!


So langsam machten wir uns dann aber doch auf den Heimweg, legten aber am plätschernden Fluss noch eine weitere Kaffeepause ein. Denn in der Tasche im Auto war noch ein von gestern übrig gebliebener Rosinen Boller aufgetaucht, der gegessen werden musste.

Das war’s dann aber auch, es ging gemächlich zurück nach Hafslo.



Dort gab es ein ziemlich frugales Abendessen, denn nach wie vor hatten wir kein Lokal weit und breit gefunden und der Supermarkt hatte auch schon zu. Aber Brot und Butter, Salami, Schinken und Käse, dazu Tomaten – und vor allem ein kühles Bier sind ja auch nicht schlecht!

Hier ist der heutige Tag im Video:

Und die heutige Runde:

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