Gestern wurden wir im Bus durch die Stadt gefahren, da sah man einiges, konnte aber nirgendwo mal stehen bleiben und sich genauer umschauen. Heute wollten wir die Innenstadt etwas genauer zu Fuß erkunden.
Vom mit 24 Grad eher kühlen Vorort Newlands fuhren wir am Vormittag zunächst bis zum Green Market Square – da war es schon richtig heiß, 31 Grad zeigte das Autothermometer!
Parken war nirgendwo ein Problem – heute war Sonntag! Und ein selbst ernannter Einweiser/Aufpasser stand (mit grüner Warnweste) auch schon bereit, winkte uns begeistert zu und deutete auf einen freien Parkplatz am Straßenrand. (Dort war allerdings alles frei – aber der gute Wille zählt ja auch 😉 !)
Unser Auto stand direkt neben einer Kirche mit einem riesigen Plakat zum Gedenken an den kürzlich verstorbenen Erzbischof Tutu.
Auf dem Platz war nicht sonderlich viel los, ein paar Stände mit Kunsthandwerk. Klar – es war Sonntag und auch noch relativ früh. Die Cafés ringsum unter schattigen Bäumen waren allerdings alle gut besucht.
Zur Einkaufsstraße Long Street sind es von hier aus nur ein paar Schritte – so richtig toll fanden wir die baumlose Shoppingmeile aber schon gestern nicht und flüchteten wieder in die baumbestandenen Fußgängerzonen.
Weihnachten ist hier übrigens offenbar noch lange nicht vorbei!
Etwas ziellos schlenderten wir einfach durch die schattigen Straßen, alles wirkte sehr entspannt. Vor der St. Georges Kathedrale steht ein monumentaler Holzbogen, das Monument “Arch for Arch”, ein Wortspiel für dieses Denkmal für Erzbischof Tutu, der liebevoll “The Arch” genannt wurde. Er eröffnete es selbst an seinem 86. Geburtstag, im Oktober 2017.
Leider war der Weg hinter dem Bogen gesperrt, vermutlich wegen des erst kürzlich stattgefundenen verheerenden Brandes im Parlament. Schade – denn von da aus wären es nur ein paar Schritte zu den Company Gardens, dem ältesten Garten Südafrikas, gewesen. Direkt neben dem Bogen steht das eindrucksvolle Parlamentsgebäude, hier wacht immer noch Queen Victoria – allerdings auch etliche uniformierte Wächter, die den Durchgang nicht erlaubten.
Gleich um die Ecke steht die Iziko Slave Lodge, ein Museum zur Geschichte der Sklaverei.
Es wurde zunehmend heißer, Abkühlung war angesagt. An einem kleinen Platz, dessen Bäume wohl noch etwas wachsen müssen, reihte sich ein Café ans andere.
Eines sah besonders gemütlich aus – die komplette Fensterfront war geöffnet, man saß also quasi draußen, aber schön schattig.
Wir ließen uns auf die bequemen Polstersessel fallen, tranken erstmal was. Scharfes Gingerbeer weckte die Lebensgeister dann wieder schnell! Das Café war offenbar ein Projekt, es wurden leckere Bio-Lebensmittel verkauft, außerdem kostenlose Walking Touren angeboten.
Erfrischt ging es weiter, Richtung City Hall.
Die steht nicht weit weg von der alten Festung an einem riesigen Platz, der allerdings völlig schattenlos war. Ein monumentales Kolonialgebäude – kaum erkennbar aus der Ferne steht an der Balustrade im Erdgeschoss eine Statue Nelson Mandelas!
Wenn man den Platz überquert, steht man vor dem Fort “Castle of Good Hope” bzw. vor dessen Wassergraben. Sehr vertrauenerweckend sieht das Wasser nicht aus – aber der Graben soll ja auch abschrecken und nicht zum Baden einladen.
Die 5-eckige Festung stammt aus dem 17. Jh. und lag tatsächlich ursprünglich direkt am Meer! erst durch Aufschüttungen, durch die der Stadtteil Foreshore entstanden ist, erlangte sie eine Inlandsposition.
Einige Wochen lang war der Zugang zur Festung wegen Filmaufnahmen gesperrt, seit gestern durfte man wieder rein – das Innere war allerdings eine herbe Enttäuschung! Es sah aus, wie auf einer Baustelle – ob es Requisiten waren, die noch nicht weggeräumt waren oder ob Reparaturen im Gang waren, bleib unklar – jedenfalls sah es ziemlich wild aus im Hof. Auch die täglich um 12 Uhr stattfindende Zeremonie der Schlüsselübergabe ist derzeit ausgesetzt. Trotzdem wurde der volle Eintrittspreis von 70 ZAR verlangt.
Der Museumsteil interessierte uns weniger, Bilder und Möbelstücke, dazu ein paar historische Erläuterungen. Faszinierend hingegen das Holzpflaster draußen, in den Tordurchgängen – uralt, aber noch weitgehend intakt!
Ein Blick zurück auf Cityhall und Löwenkopf, dann verließen wir die Festung wieder.
Eigentlich wollten wir nochmal drum herum laufen, aber auf einer Seite befindet sich eine Ansiedlung der Ärmsten der Armen, sie hausen hier unter Pappkartons, Plastikfolien und in kleinen Zelten. Wir wurden sofort umringt und angebettelt. Das war allerdings die einzige Situation in der Stadt, in der wir uns etwas unwohl fühlten und nicht einschätzen konnten, was passieren würde, wenn wir weiter und durch die Ansiedlung hindurch gehen würden. Deshalb beließen wir es bei ein paar Geldscheinen und einem raschen Bild über die Mauer hinweg.
Allmählich wurde uns die Pflastertreterei zu viel. Zwar hatten wir sicher vieles Sehenswerte nicht gesehen, allerdings ist eine Stadt letztlich doch nur eine Stadt, auch wenn sie schön ist. Aber die Hitze forderte doch ihren Tribut, wir wanderten zurück zum Auto, entlohnten den braven Wächter mit einem kleinen Schein und flüchteten in die Natur.
Allerdings nicht ohne noch einen Zwischenstopp in Bo Kaap einzulegen! Zwar hatten wir düstere Warnungen gehört und gelesen, dass es dort sehr unsicher sei, man besser nur mit einer geführten Tour hingehen und schon gar nicht mit dem Auto hinfahren und auf eigene Faust rumlaufen sollte.
Auf eine Tour hatten wir aber keine Lust und einfach nur durchfahren kam auch nicht in Frage. Also fuhren wir hin, parkten unser Auto und wurden sofort von drei Jungs umringt, die versprachen, für 20 ZAR gut auf das Auto aufzupassen! Der älteste drückte noch ein bisschen auf die Tränendrüse, betonte, dass er das Geld nicht für sich wolle, sondern damit Milch für seine kleine Schwester kaufen wollte.
Uns schien gut 1 € nicht allzuviel dafür, dass gleich drei fürsorgliche Jungs aufs Auto aufpassten und wir schlenderten los. Die unglaublich farbenprächtigen Häuser leuchteten formlich in der Sonne.
Die Straßen waren weitgehend ausgestorben, ab und zu schaute mal jemand aus dem Fenster oder begegnete uns, immer mit einem freundlichen Gruß.
An einer Straßenecke hing ein Schild an einem Haus mit dem Hinweis auf ein Kunstzentrum. Um die Ecke standen dann auch tatsächlich diverse Kunstwerke in einem kleinen Vorgarten und auf einer Mauer. Das Tollste war jedoch ein Werk, das an der Hauswand hing und einfach unglaublich war!
Aus Blech und Plastik hatte der junge Mann und sein Bruder, zusammen mit Kindern aus dem Viertel, ein monumentales dreidimensionales Wer geschaffen, in das man fast reinspazieren zu können glaubte!
Das große Kunstwerk wäre zwar ein echter Blickfang im heimischen Wohnzimmer geworden, aber letztlich doch zu groß und zu schwer. Stattdessen kaufte ich dem jungen Mann ein ca. DIN A 5 großes kleineres Werk ab, dass ebenfalls in dieser Technik gearbeitet war. Er freute sich riesig, denn derzeit sind kaufwillige Touristen Mangelware und erzählte noch ein bisschen von dem Kunstprojekt mit Kindern.
Noch eine ganze Weile bummelten wir herum – zwischendurch ging ich nochmal zurück zum Auto, um einen Hut zu holen, und unsere Aufpasser versicherten, dass alles bestens sei und sie weiterhin aufpassen.
Am Ende der Siedlung ist ein kleines Wäldchen, wo es zwei Essensstände gibt – einer war auf und es roch prima!
So allmählich zog es uns jetzt aber doch in Richtung Natur – konkret in den botanischen Garten Kirstenbosch. Also ein letzter Schlenker, dann fuhren wir weiter.
Natürlich nicht, ohne dem ältesten Jungen noch 10 ZAR für die (angebliche) Milch zu geben – obwohl er gar nicht danach fragte. Aber die Bengel waren so nett und sicher nicht auf Rosen gebettet….
Der botanische Garten ist nicht allzu weit weg von unserer Unterkunft, aber doch zu weit, um auf einer stark befahrenen Straße ohne Gehweg zu Fuß zu gehen. Der Eintritt ist mit 170 ZAR für südafrikanische Verhältnisse sehr teuer, Einheimische zahlen allerdings nur die Hälfte. Dieses “Dual Pricing” findet man übrigens fast überall, wer in den Genuss der Preise für die Locals kommen will, muss seinen Ausweis vorzeigen – also keine Chance, zu schummeln.
Der Garten ist riesengroß, uns war klar, dass wir nicht alles sehen können, aber den Canopy Walk wollten wir auf jeden Fall gehen. Durch eindrucksvolle Baumtunnel ging es bergauf – wir waren für jedes bisschen Schatten dankbar!
Dieser Garten ist primär einer der Bäume, davon gibt es wunderschöne Exemplare. Der Baumwipfelpfad ist eindrucksvoll, allerdings nicht sehr lang, und bietet tolle Ausblicke.
Wieder auf festem Boden kamen wir durch verschiedene Zonen, sonderlich viel blühendes gab es jedoch nicht (mehr). Vielleicht war es die fasche Jahreszeit, denn man konnte sehr viele vertrocknete und verblühte Blütenstände sehen. Auch Vögel sahen oder hörten wir nicht.
Aber hin und wieder war dann doch was – und sogar meistens etwas ausgesprochen erstaunliches! Zum Beispiel die Ananas-Blume, die tatsächlich von Form und Farbe her an eine Ananas erinnert.
Oder die Kap-Kastanie, die aber absolut nichts mit einer Kastanie zu tun hat, sondern eine Zitruspflanze ist. Nur die Früchte erinnern mit viel Fantasie an Kastanien.
Und dann doch auch immer wieder Farben.
Wunderschön sind auch die vielen verschiedenen Gräser. Und natürlich immer auch der Blick zum Horizont bzw. auf die Berge.
Bei aller Schönheit wollte nicht nur das Auge, sondern auch der Magen mal was erleben. Und da wurden wir hier ebenfalls fündig – und zwar auf recht erstaunliche Weise: Im Tearoom gibt es nicht nur original englische Scones, wundervoll locker-krümelig!, sondern dazu sogar richtige Clotted Cream! und eine fantastische hausgemachte dicke Erdbeermarmelade! Zusammen mit einer (ebenfalls hausgemachten) Erdbeerlimonade war das für uns ein echtes Highlight und erinnerte an viele Reisen nach Devon und Cornwall …
Noch ein paar interessante Skulpturen …
Dann waren wir schon fast wieder am Ausgang. Auch hier ist Nelson Mandela präsent:
Gehört vielleicht nicht unbedingt hierher, und schon gar nicht in einen Reiseblog – aber gerade auch auf dieser Reise auf diesen für uns neuen Kontinent musste ich immer wieder mal daran denken, wie viele wirklich große Persönlichkeiten in den letzten Jahren gestorben sind. Einige davon haben hier, in Südafrika, gelebt und gewirkt.
Und wie erschreckend wenige davon es heute gibt, wirklich starke, außergewöhnliche Menschen …
Auch am Ausgang gibt es noch was zu sehen – ein paar eindrucksvolle Skulpturen und eine Reihe Bonsais, einige davon schon fast 200 Jahre alt!
Für uns war’s jetzt Zeit für eine kleine Pause im Guesthouse am Pool, bevor es später (wieder mit Uber) zur Waterfront ging. Fisch stand heute auf unserem Speiseplan, und dazu ein Tisch mit Aussicht! Beides gabs im Fishmarket – ein Tisch mit Blick auf die Drehbrücke und wunderbar gegrillter Fisch.
Bevor wir uns dort nieder ließen, gab’s allerdings nur wenige Meter entfernt noch einen anderen Blick – nämlich auf die Pelzrobben, die auf einer Plattform neben der Robben Island Fähre ihre Stammplätze haben.
Dann aber wirklich – gegrillter Fisch, kühles Bier bzw. Sauvignon Blanc, dazu das Spektakel, wenn sich die Brücke immer mal wieder drehte, um Boote durch zu lassen. Die Sonne verschwand langsam irgendwo am Horizont, die Lichter gingen überall an, es war einfach nur schön!
Selbst der Tafelberg spielte heute Abend mit und zeigte sich völlig unverschleiert!
Wir schlenderten langsam über die illuminierte Drehbrücke zurück zum Abholbereich vor dem MOCAA, wo uns wenig später ein Uber-Fahrer aufsammelte und heim brachte.
Das war die heutige Fußweg-Runde:
Das Blech- und Plastikkunstwerk hat mich wirklich beeindruckt – wie fantasievoll hier mit billigsten Materialien gearbeitet wurde, einfach toll!