Die Nacht war – sagen wir mal – spannend und ereignisreich.
Ein Gewitter jagte das andere, unser Zelt zitterte unter den Donnerschlägen, die Blitze machten es taghell, es regnete nicht nur, sondern goss in Strömen. Es war ziemlich aufregend – trotzdem fühlten wir uns keinen Moment wirklich unsicher und waren eher fasziniert von den Naturgewalten, als verunsichert.
Lediglich die Frage, ob wir bei dem Wetter überhaupt morgens zu einer weiteren Fahrt aufbrechen können würden, trieb uns ein bisschen um. Und mich ein sich langsam verstärkender heftiger Juckreiz im Rückenbereich …
Als wir gegen 5:30 aufstanden, war es zwar noch düster und trüb draußen, aber der Regen hatte sich immerhin zu einem leichten Nieseln beruhigt. In den Bäumen hingen Nebelschwaden, wir würden wohl nicht allzuviel zu sehen bekommen heute morgen.
Sehr vorsichtig, denn es war jetzt extrem glatt auf den Holzstegen, gingen wir etwas später – bewaffnet mit Regenjacke und Pulli – zum Frühstück, wo ein bestens gelaunter Jona alle unsere Bedenken beiseite wischte. So ein bisschen Regen kann einen Game Drive nicht stoppen – und überhaupt waren (außer uns und den Schweizern) alle froh und dankbar, dass nach wochenlanger Trockenheit endlich mal Regen gefallen war!
Nun Ja – es hätte ja vielleicht nicht ausgerechnet heute sein müssen ….
Mit dem Boot fuhren wir – im wieder einsetzenden Regen – zur nächsten Anlegestelle, wo die Fahrzeuge standen. Jona legte sich ein Handtuch um die Schultern, weil vom Dach ständig Wasser auf ihn herab tropfte, und wir fuhren los.
Zunächst war alles bestens. Mehr noch -es war beinahe magisch! Die dünnen Nieselschleier wirkten wie ein Weichzeichner, ließen das ganze Land märchenhaft verwunschen erscheinen. Dazu passten auch die moosartigen Behänge in einigen Bäumen – die (laut Jona) jedoch kein Moose, sondern Pilze sind.
Es war zunächst eine sehr entspannte Fahrt, die Luft war kühl und feucht, niemand erwartete heute morgen irgendwas Spektakuläres, wir genossen es einfach, im offenen Fahrzeug durch den frühen Morgen zu fahren.
Wie aus dem Nichts stand dann aber plötzlich ein Gnu vor uns! Ein wirklich merkwürdiges Geschöpf, das ein bisschen wie aus einer anderen Welt wirkte!
Genauso plötzlich, wie es aufgetaucht war, verschwand es wieder im Dickicht. Jetzt war jedoch Jonas Ehrgeiz geweckt. Er hatte gehört, dass sich eine Elefantenherde irgendwo herum trieb, dort wollte er jetzt mit uns hin, und danach standen noch Büffel auf dem Programm.
Es begann eine halsbrecherische Fahrt über Stock und Stein bzw. über Schotter-, Gras- und Lehmpisten. Wir standen nämlich ein bisschen unter Zeitdruck, denn unsere 4 schweizer Begleiter mussten heute am frühen Nachmittag den Flieger in Port Elizabeth erwischen, der sie nach Johannesburg bringen würde. Von dort würde es heute Abend zurück nach Zürich gehen.
Tja – und dann nahm das Unheil seinen Lauf …. Jona wollte einen zwar kurzen, aber sehr steilen Hügel rauf, der aber nach den Regenfällen eine einzige Schlammspur war. Die Räder drehten durch, wir rutschten wieder zurück …
Wie oft er es versuchte, bevor er endlich resigniert aufgab, weiß ich nicht. Fakt war dann aber, dass wir fest steckten. Nichts ging mehr, auch wenden war nicht möglich, unser Wagen hatte sich komplett fest gefahren und rührte sich nicht von der Stelle. Was vielleicht nach einem zwar ärgerlichen, aber lösbaren Problem klingt, wurde dadurch erschwert, dass wir in einem absoluten Funkloch gelandet waren. Weder unsere Handys, noch der Bordfunk konnten eine Verbindung zur Basis des Camps herstellen.
Ringsum war nichts, außer Wildnis, möglicherweise irgendwelchen Tieren, die uns hoffentlich freundlich gesonnen waren, Regen und Schlamm. Irgendwann waren wir alle ausgestiegen, um den Wagen leichter zu machen und Jona noch eine Chance zu geben – aber auch das funktionierte nicht. Alle unsere Überlegungen – Äste unterlegen, mit einer Schaufel den Schlamm weg kriegen – scheiterten. Die Äste hatten alle riesige Dornen und wir keine Handschuhe, eine Schaufel oder was anderes gab es nicht an Bord….
Schließlich bekam eine der Schweizerinnen mit ihrem Handy doch irgendwie ein sehr schwaches Signal, nutzte es sofort, um einen Notruf an die Basis abzusetzen und wenig später knackte es auch im Funkgerät und Jona konnte kurz unsere Position durchgeben, bevor die Verbindung wieder abbrach.
Es dauerte danach zwar noch eine Weile und wir hatten keine Ahnung, ob der Hilferuf und die Position wirklich durchgegangen waren – aber dann kam endlich Hilfe in Form des Chefs nebst Abschleppkette, der unseren Wagen aus dem Schlamm zog. Leider hatte ich sowohl Handy als auch Kamera im Wagen gelassen und konnte die gesamte Aktion deshalb nicht in Bildern festhalten – aber zum Glück hatte Dieter seine GoPro mit raus genommen und die Aktion dokumentiert!
(Achtung – unbedingt die Qualität hochregeln!)
Dass wir alle mittlerweile aussahen, als hätten wir uns im Schlamm gewälzt, war plötzlich völlig nebensächlich – Hauptsache, wir waren wieder flott! Und gleich wieder unternehmenslustig! Denn ein Blick auf die Uhr zeigte, dass das, was uns wie eine Ewigkeit vorgekommen war, nur eine gute halbe Stunde gedauert hatte – also konnten wir uns noch auf die Suche nach ein paar Tieren machen.
Und die fanden wir auch – zwar weder Löwen, noch Büffel oder Elefanten – aber groß waren sie trotzdem! Und wunderschön!
Kurz darauf kreuzten auch noch ein paar Zebras unseren Weg – die waren nicht wesentlich sauberer als wir!
Damit die Heimreisenden vor dem Flug noch duschen und sich umziehen konnten, mussten wir leider auf weitere Umwege verzichten – aber da es schon wieder regnete, wäre wohl ohnehin nicht mehr viel drin gewesen.
Gegen 11 Uhr saßen wir wieder im Boot zurück nach Kenton – hatten nach kurzer Fahrt aber noch einen letzten Schreckmoment, als einer der Schweizer merkte, dass er sein Smartphone in der Lounge vergessen hatte und wir deshalb umkehren mussten.
Schließlich kamen wir bei immer noch leicht trübem Wetter – und mittlerweile extrem heftigem Wind! – in Kenton an und waren nur Minuten später wieder in unserm komfortablen Quarterdeck. Weil das Frühstück heute wirklich sehr früh gewesen war, gab es anschließend noch einen Lunch im Restaurant – absolut top!!! – und danach versuchten wir, noch eine Bleibe für einen weiteren Tag in Kenton zu organisieren. Viel Auswahl gab es nicht – es war Wochenende und das Angebot hier ist überschaubar – aber dann wurden wir doch fündig und konnten für eine Nacht in einer 240qm großen Villa unterkommen, die auf der Webseite traumhaft aussah!
Ob sie wirklich so toll sein würde, sollten wir erst morgen erfahren – aber für rund 80€ war das Risiko überschaubar.
Für heute schauten wir uns nur noch ein bisschen im Ort um – ein kleines, sehr gepflegtes Zentrum mit Supermarkt, Apotheke, Bäckerei, einigen anderen Geschäften, einem Pub, einer Pizzeria und ein paar sonstigen Lokalen – und natürlich einem Bowling Green!
Als wir am Zaun standen und fotografierten, wurden wir gleich eingeladen, mitzuspielen! Und falls nicht – wenigstens später was mit zu trinken! Beides lehnten wir dankend ab, aber die Gastfreundschaft hier ist schon überwältigend! Auch als wir wenig später im Pub vorbei schauten, erlebten wir eine Überraschung – aus dem Radio erklangen deutsche Nachrichten! Der Wirt ist Deutscher und legt Wert darauf, dass am Nachmittag ein bestimmter Sender eingeschaltet wird, der “Oldies but Goldies” spielt … Die waren auch toll – aber auf die Nachrichten hätten wir gut verzichten könne, denn die waren alles andere als gut!
Auch hier hätten wir übrigens sehr gut essen können – aber es zog uns doch wieder zu Jerrys mit dem begnadeten Blick über Sand und Meer! Für mich heute mit Lammkoteletts aus der Karoo, für Dieter ein “tame chick”. Er hätte auch ein “wild chick” haben können – aber als ich die Bedienung nach dem Unterschied fragte, meine sie “The tame chick is spicy, the other one is ….” , rollte die Augen und schnappte nach Luft, bevor sie in Lachen ausbrach. Und ja – auch das zahme Hähnchen war ziemlich “spicy” – aber auch ziemlich lecker!!!!
Wir freuen uns jedenfalls total, dass wir einen weiteren entspannten Abend hier verbringen und auch morgen noch hier sein dürfen!
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