“Beware – the road is really dangerous!” warnte uns Lou bei der Abfahrt von unserer fürstlichen Unterkunft in Kenton, als sie hörte, dass wir über Grahamstown fahren wollten. Vor meinem geistigen Auge tauchten Bilder von Überfällen, kriminellen Banden etc. auf.
Schließlich hatten wir im Vorfeld ja immer wieder gehört und gelesen, dass Südafrika angeblich hochgefährlich sein sollte.
Allerdings hatten wir bisher davon nichts mitbekommen.
Und auch heute stellte sich schnell heraus, dass die Gefährlichkeit auf unserer Strecke nicht von Menschen, sondern von der Straße ausging. “Potholes, als big as your car!!!” warnte Lou eindringlich “You better drive veeeeery slowly!” Nachdem das geklärt war, brachen wir auf – mit frisch gewaschenen Kleidern in den Koffern! Für die letzten 10 Tage unserer Reise sollte das reichen – und rückblickend war es wirklich toll, dass wir zwischendurch immer mal wieder die Möglichkeit hatten, zu waschen.
Lou hatte nicht übertrieben – die Straße war wirklich ein Albtraum! Zumindest dachten wir das damals – da hatten wir noch keine Ahnung, wie die Straßen weiter im Norden sein würden! In Schlangenlinien zu fahren, bremst automatisch ab, aber anders war es hier kaum möglich, vorwärts zu kommen. Jede unbefestigte Piste war um Welten besser als das hier!
Trotzdem schafften wir es, ohne Achsbruch nach Grahamstown zu kommen. Grahamstown ist so etwas wie eine Kultur Metropole. Zum einen ist Grahamstown eine Art Festival-Hauptstadt Südafrikas, wo jährlich bis zu 15 Festivals stattfinden. Besonders populär ist das National Arts Festival im Juli, das jedes Jahr eine halbe Million Theater-, Musik- und Kunstfreunde anzieht. Aber auch die vielen bestens restaurierten viktorianischen Gebäude und die anglikanische Kathedrale St.Michael & St.George geben der Stadt ein ganz besonderes Flair.
Nicht weit weg von der Kathedrale fanden wir – natürlich mit Hilfe eines zahnlückigen “Einweisers” – einen Parkplatz und liefen los.
Die Kathedrale, Baujahr 1852, ist riesig und sehr eindrucksvoll, aber die Gebäude in der Umgebung sind wirklich hinreißend schön.
Wir wanderten ganz entspannt durch die Stadt, die uns freundlich und heiter vorkam, auch wenn weit und breit außer uns kaum weiße Gesichter zu sehen waren. Aber alle dunklen Gesichter hatten nichts als ein breites Lächeln, das sich noch verstärkte, wenn jemand merkte, dass wir nicht von hier waren. Zum Beispiel, weil wir mittels Smartphone rausfinden wollten, wo wir gerade sind und wohin wir gehen müssen, um unser Auto wieder zu finden. Keine Sekunde lang fühlten wir uns unsicher – aber wir gaben auch jedes Lächeln mindestens doppelt so breit zurück!
Leider sah vieles etwas verlassen aus, aber top gepflegt. Zum Beispiel das alte Hotel ….
… oder das winzige Guesthouse.
Daneben das Observatorium – es enthält eine Camera Obscura, de wir uns gerne angeschaut hätten – leider war es geschlossen.
Hätten wir für die vergangene Nacht nicht noch eine Unterkunft in Kenton gefunden, hätten wir hier übernachtet. Und das wäre auch keine schlechte Wahl gewesen!
Nachdem wir die Innenstadt durchwandert hatten, wollten wir vor der Weiterfahrt noch was trinken. In unserem Führer stand was von einem tollen Studentencafè, deshalb fuhren wir Richtung Universität. Die Rhodes University gehört zu den ältesten und renommiertesten Universitäten in Südafrika, wir waren schon an etlichen Universitätsgebäuden vorbeigekommen – nur an keinem Café.
Stattdessen hielten wir am botanischen Garten, der ebenfalls Teil der Universität ist. Eindrucksvolle Bäume am Eingang …
… und eine eindrucksvolle Fahrradskulptur auf der gegenüberliegenden Seite. Wäre auch was für Heidelberg, das sich ja gerne als Fahrrad-Stadt vermarktet … Am Eingang des botanischen Gartens gab es Warnungen vor gefährlichen Begegnungen!
Wir begegneten allerdings ausgesprochen freundlichen Zeitgenossen – hier fand gerade ein Hochzeitsfotoshooting statt und wir wurden vom stolzen Brautvater überaus herzlich eingeladen, zuzusehen oder auch selbst zu fotografieren.
So ganz glücklich sah hier allerdings außer den kleinen Mädchen niemand aus – Hochzeiten können auch ziemlich anstrengend sein … Wir machten uns jedenfalls davon und fanden dann nur wenige Meter weiter doch noch das Studentencafè – eine Art Mini-Burg, sehr malerisch, mit exzellentem Eiskaffee!!!
Weiter ging’s, Richtung Addo Elephant Park. Wir wollten allerdings nicht direkt im Nationalpark übernachten, sondern in einer kleinen Lodge in den Hügeln oberhalb des Parks. In den letzten Wochen war uns immer wieder bewusst geworden, dass wir gerne mal Abstriche am Komfort machen, wenn die Lage, die Aussicht, stimmt! Ein Traumblick entschädigt für vieles – deshalb hatten wir für die nächsten 3 Nächte die Hitgeheim Country Lodge gewählt, die ca. 10km vom Haupteingang des Addo NP hoch oben mit weitem Blick über das Tal liegt.
Der Weg dorthin war allerdings teilweise mit Hindernissen gepflastert. Zum einen wieder reichlich Schlaglöcher, zum anderen eine fast endlose Baustelle nach der anderen. Hinzu kam – mitten in einer einspurigen Baustelle – auch noch eine Reifenpanne. Das gab aber immerhin Gelegenheit, mal zu sehen, wie viele Menschen man tatsächlich in einen eher kleinen Kombi rein bringt, denn der Kofferraum war voll mit Kindern!
Die Strecke führte mitten durch den Addo NP, vorbei am Haupteingang. Wenig später kam der Abzweig zu unserer Unterkunft, es ging noch ca. 3 km auf einer Schotterpiste den Berg rauf, dann standen wir vor einem Tor. Einem verschlossenen Tor. Ein Anruf bei der dort angegebenen Nummer brachte eine kaum verständliche Antwort, dann öffnete sich das Tor ca. 50 cm weit. Das war eindeutig zu schmal für unser Auto – aber telefonisch gab es erst mal keine weitere Reaktion.
Glücklicherweise kam nach einer Weile ein Fahrzeug angefahren, das raus wollte und uns das Tor öffnete. Weitere rund 2 km ging es über Sand und Schotter, vorbei an diversen Impalas, die uns leicht irritiert anschauten und dann das Weite suchten.
Schließlich erreichten wir die Lodge – hier öffnete sich das Tor problemlos. Wir wurden empfangen vom Manager, der sich wortreich entschuldigte – es hatte einen Kurzschluss am Eingangstor gegeben und genau, als wir anriefen, war er in einem Funkloch … Egal – die Anlage ist jedenfalls wirklich sehr schön!
Vom Pool aus hat man einen weiten Blick über das Tal und die Obstplantagen bis hin zum Addo NP.
Die einzelnen Cottages stehen am Rand eines Abhanges, mit reichlich Distanz zwischen den einzelnen Häuschen, und bieten unverbauten Rundumblick.
Wir wurden zu unserem Zimmer bzw. zu unserem Chalet geführt und erfuhren, dass wir ein Upgrade bekommen, weil momentan nur wenig Gäste da sind und man sie – um den Reinigungskräften weite Wege zu ersparen – alle in benachbarten Chalets untergebracht hatte. Und da hatte man sich nicht lumpen lassen, sondern die besten ausgewählt! Das führte dazu, dass wir statt eines schlichten Bungalows einen mit kleinem Plungepool auf der Terrasse bekamen!
Innen war es very british – mit Himmelbett, viel Plüsch und Samtvorhängen, aber durchaus gemütlich!
Schön war das Bad – sehr groß, mit einer tollen Außendusche!
Wir waren jedenfalls absolut zufrieden, vertrieben uns die Zeit bis zum Sundowner mit einfach mal nur faulenzen und ab und zu in den kleinen Pool steigen – der eiskalt war! Bei rund 30°C aber nicht gerade unwillkommen!
Um 18:00 wurde zum Sundowner mit Drinks auf die Terrasse des Restaurants gebeten – dass die Drinks auf’s Haus gingen, erfuhren wir erst, als wir bei der Abreise die Abrechnung bekamen! Anschließend wurde das Abendessen serviert – da es ansonsten weit und breit keine Möglichkeit gab, was zu essen zu bekommen, war hier quasi Halbpension angesagt. Das Essen war gut, wenn auch extrem fleischlastig. Zur Auswahl gab es lediglich Wild (heute Eland Filet) und Rind, davor eine ziemlich reichhaltige Suppe und danach einen sehr üppigen Nachtisch.
Alles war gut – aber unter den Gästen war eine Veganerin, die erkennbar litt, als sie sich mit einer Gemüseplatte bescheiden musste, weil in allen anderen Gerichten irgendwas tierisches war – auch wenn es nur Sahne in der Schokomousse zum Nachtisch war.
Wir wurden hingegen mehr als satt, gönnten uns eine Flasche Wein zum Essen und danach noch einen kleinen Brandy – fanden den Weg zu unserem Chalet aber trotzdem mühelos! Morgen geht’s zu den Elefanten!
Die heutige Strecke:
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