Gestern brauchte die Sonne eine Pause, heute der Regen! Blauer Himmel erwartete uns am Morgen – darüber freute ich mich ganz besonders, weil wir heute ein besonderes Ziel hatten: Rangimarie!
Der Maori Begriff bedeutet Frieden, Harmonie, Einklang, Wohlbefinden – und all das gibt es in der Anaura Bay auf Rangimarie bei Judy! Diese Frau mit dem unglaublich großen Herzen und einer unfassbaren Energie wollten wir heute zum zweiten Mal besuchen.
Auf der Reise 2016 waren wir schon mal da, damals bei wolkenlosem Himmel, an dem Judy mir mitten in der Nacht das Kreuz des Südens zeigte. Es waren damals “Starry, starry nights …”. Unsere Umplanerei hatte uns nun den erneuten Besuch ermöglicht, Judy hatte noch eine (einzige!) Nacht frei (sonst wären wir da sicher mehrere Tage geblieben). Aber auch so war die Vorfreude groß!
Dass das Wetter heute so gut mitspielte, war ein zusätzliches Schmankerl, und wir würdigten das gleich morgens, indem wir zunächst mal Captain James Cook einen sonnigen Besuch abstatteten. Der steht da an der Küste vor Gisborne, an der Poverty Bay, wo er mit seinem Schiff Endeavour als erster Europäer Fuß an Land setzte. Besonders erfolgreich war der Besuch allerdings leider nicht – statt Wasser und Proviant dort zu bekommen, gab es Streit mit den Maori und das Schiff musste ohne neue Vorräte abdrehen.
Cooks Frustration führte letztlich zu dem Namen “Poverty Bay” für die Bucht.
Selbst heute sieht er noch ein bisschen grimmig aus, wie er da so auf einer Weltkugel steht, auf der der Weg der Endeavour eingraviert ist.
Nicht weit von Cook entfernt steht die Skulptur von “Young Nick”, dem Schiffsjungen, der als erster Land entdeckte.
Cook hatte demjenigen, der damals als erster Land sah, eine Belohnung versprochen – der damals erst 12 Jahre alte Schiffsjunge Nick erhielt sie in Form von 2 Gallonen Rum und der Ehre, dass eine Landspitze ihm zu Ehren “Young Nick’s Head” benannt wurde.
Noch ein Blick auf die “tanzenden Bäume”, die heute im Sonnenlicht deutlich weniger mystisch aussehen, dann verließen wir Gisborne. Noch nicht ganz, wir hatten heute reichlich Zeit, auch für eine Fahrt auf den Kaiti Hill im Titirangi Reserve, an dessen Fuß James Cook zum ersten Mal neuseeländischen Boden betreten hatte.
Durch dichten Wald schraubt sich hier eine schmale Einbahnstraße den Hang hoch. Hin und wieder gibt es kleine Aussichtsplateaus, aber einen richtig schönen Blick hat man erst ganz oben. Hier steht eine große Aussichtsplattform, aber die Aussicht unten an der Straße ist mindestens genauso schön.
Rechts öffnet sich die Poverty Bay, an der die Stadt liegt, zur Linken erstreckt sich der Kaiti Beach.
Heute ist allerdings kein echtes Badewetter, die Wolken verdichten sich bereits wieder.
Als wir in der Tolaga Bay ankommen, beginnt es dann auch tatsächlich, zu nieseln.
Hier befindet sich der mit 660m längste Pier Neuseelands. Der Bau galt in den 1920er Jahren als ziemlich gewagt, denn es gab weit und breit keinen Hafen. 1967 legte dort allerdings das letzte Schiff an, heute ist der Pier lediglich eine Touristenattraktion.
Leider ist er derzeit sowohl wegen des Wetters als auch wegen baulicher Mängel gesperrt. Viel mehr, als ein Stück am Strand entlang zu spazieren, geht hier also nicht.
Wir fahren weiter, begegnen immer wieder Holzlastern.
Da der SH35 teilweise gesperrt ist, weil ihm die schweren Regenfälle der letzten Wochen stark zugesetzt haben, nehmen wir einen Umweg – auch diese Straße ist jedoch stark beschädigt.
Nicht nur Straßenschäden gibt es hier, auch kleine Bäche sind – vor allem durch die Überreste der Holzernte! – immer wieder gestaut und müssen von Treibholz befreit werden.
Ganz schlimm sieht es auf den Feldern aus – hier steht kilometerweit alles komplett unter Wasser, vielerorts ist die Ernte wohl ein Totalausfall! Während in trockeneren Gegenden der Mais meterhoch steht, kümmern hier gerade ein paar kleine Pflänzchen vor sich hin.
Am frühen Nachmittag erreichen wir die Anaura Bucht, die heute allerdings etwas düster wirkt.
Die letzten Kilometer geht es über einen nur mäßig befestigten Waldweg. Zum Glück ist es hier trocken, bei starkem Regen dürfte er ziemlich schwierig zu befahren sein. Und dann sind wir da! Auf Rangimarie, bei Judy! Judy hatte uns geschrieben, dass sie möglicherweise bei unserer Ankunft nicht da sein würde, weil sie eine Freundin in Gisborne am Flughafen abholen müsse. Das war aber kein Problem – alle Türen stehen hier offen und wir wussten, wo wir schlafen würden.
Aber als wir ankamen, stand Judys Auto da und nur Sekunden später begrüßte sie uns herzlich.
Judy ist ein Phänomen – 84 Jahre alt, ein Energiebündel mit einem großen Herzen, eine wunderbare Gastgeberin und ein Mensch, den man sofort ins Herz schließt! Dass mit unsere Ankunft auch die Sonne raus kam und alles in goldenes Licht tauchte, passte perfekt!
Auf den ersten Blick schien alles wir früher – erst bei genauerem Hinschauen fielen die massiven Schäden ins Auge, die die Regenstürme der letzten Wochen auch hier angerichtet hatten. Ein Teil des Gartens war abgerutscht, eine Gartenhütte zerstört und überall lagen, hingen und standen Matratzen, Geräte und Textilien herum, der Wasserschäden erlitten hatte und trocknen mussten.
Während Judy zum Flughafen aufbrach, richteten wir uns in unserer zauberhaften Unterkunft ein. Ein großer gemütlicher Wohn-/Essraum, ein schnuckeliges Schlafzimmer, ein komfortables Bad – wirklich schade, dass wir nur einen Tag hier sein können!
Vom Balkon aus hat man einen Panoramablick über die Anaura Bay, die mittlerweile in der Sonne lag.
Auch wenn ein Strandspaziergang eigentlich fast ein Muss war – vom Garten aus runter an den Strand zu klettern war derzeit ziemlich gefährlich, und mit dem Auto runter in die Bucht auch nicht wirklich verlockend, denn der Zugang zum Strand war durch angeschwemmtes Holz und Geröll schwierig. Viel verlockender war, sich mit einem Buch und einer Tasse Kaffee auf die kleine Terrasse zu setzen und einfach nur Sonne und Aussicht zu genießen!
Und später mit kühlem Bier und anschließendem kleinen Abendessen nebst Gesprächen mit Judy und ihrer Freundin Janey den Tag ausklingen zu lassen. Sogar Abendrot gab es – was allerdings leider nicht immer Gutes bedeutet!
Die heutige Strecke:
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