Heute war nix mit lauem Sommertag – schon am frühen Morgen regnete es heftig. Der Wind hielt sich zwar in Grenzen, es gab aber immer mal wieder starke Böen.
Wir waren früh aufgestanden, hatten alles gepackt und als der Regen etwas nachließ, wurde das Auto schnell beladen. Herzlicher Abschied von Marilyn, dann ging’s los.
Allerdings nicht sofort Richtung Süden, sondern zuerst nördlich, zum größten Supermarkt der Region, am Rande von Paihia, und anschließend noch zu einer Tankstelle, um den Tank randvoll zu machen.
Denn mittlerweile waren wir problembewusst – hatten die neuseeländische Warn App installiert, die uns fortlaufend über die neuesten Wetterentwicklungen informierte. Und auch dringend empfahl, nicht nur das Auto voll zu tanken, sondern sich sowohl mit ausreichend Wasser für 3 Tage als auch einer Taschenlampe einzudecken. Und genau das wollten wir jetzt noch besorgen, außerdem zumindest mal Brot. Falls es das noch gab – denn in den Supermärkten sah es derzeit so aus:
Von uns weitgehend unbemerkt, hatte die Nordinsel nämlich mittlerweile in den Panikmodus geschaltet. Man bereitete sich auf das Schlimmste vor, hortete Lebensmittel und Wasser, bunkerte Benzin und füllte Sandsäcke. Im Supermarkt herrschte eine merkwürdige Stimmung – alle bemühten sich offenbar, gelassen zu wirken, aber man merkte die Anspannung sehr deutlich, denn der Zyklon kam ständig näher.
Wasser gab es noch in geringen Mengen, Taschenlampen und Batterien/Akkus waren aus – wir ergatterten nur noch eine niedliche Kindertaschenlampe mit „Paw Patrol“ Motiven – das war’s. Aber wir waren sicher, nicht zu verhungern – immerhin hatten wir noch Kartoffeln, Tomaten und Butter an Bord, Käse und Schinken waren ebenfalls noch vorhanden, und irgendwie konnten wir uns nicht vorstellen, dass es in Auckland nichts zu essen geben würde!
Auch Benzin gab es noch – mit vollgetanktem Auto ging’s los, auf den SH1 Richtung Süden. Rund 240km lagen vor uns – eine Strecke, die man in Deutschland locker in 2 Stunden auf der Autobahn hinter sich bringt! Hier sind jedoch selbst in guten Zeiten rund 4 Stunden veranschlagt, heute mussten wir uns auch noch auf Straßensperrungen und eine deutlich längere Fahrt gefasst machen.
Der SH1 war in den letzten Wochen immer mal wieder ganz oder teilweise gesperrt, die schweren Regenfälle im Januar hatten für Erdrutsche und andere Straßenschäden gesorgt, die gerade erst teilweise repariert worden waren. Heute gab es zwar gelegentlichen Einbahnverkehr, der über Baustellenampeln geregelt wurde, aber es war zum Glück kaum was los auf der Straße, obwohl es Freitag war. Allerdings regnete es immer wieder – mal heftig, mal weniger. Der Wind nahm ebenfalls spürbar zu
Insgesamt dauerte es über 5 Stunden, bis wir Auckland erreicht hatten, wo sich düstere Wolken am Himmel zeigten.
Bewusst hatten wir eine Unterkunft auf der Seite der Stadt gewählt, auf der sich auch der Flughafen befand, denn die Harbour Bridge war in den letzten Wochen immer wieder wegen starkem Wind gesperrt worden. Und das letzte, was wir jetzt wollten, war, wegen einer Brückensperrung nicht zum Flughafen zu kommen!
Der Blick von der Brücke auf die Stadt ist immer wieder überwältigend – im Vordergrund Wynyard Quarter mit dem Yachthafen, dahinter der Auckland Tower.
Unser Quartier fanden wir ziemlich problemlos, waren aber etwas ernüchtert von dem gebuchten Studio, das recht klein und dunkel war. Aber – nicht nur wegen Ed Sheeran, sondern auch noch wegen eines großen Golfturniers – es war nichts anderes mehr frei, also richteten wir uns ein. Und weil das Wetter überraschend eine Wendung zum besseren nahm, die Sonne raus kam und es auch ziemlich warm war, bestellten wir ein Uber Fahrzeug und ließen uns zum Hafen bringen. Uber deshalb, weil man in Auckland für ein paar Stunden Parken mehr bezahlt, als für einen Uber Transfer – und außerdem kann dann auch mein Chauffeur mal ein Bier oder zwei trinken!
Wynyard Quarter hatten wir in allerbester Erinnerung – hier hatten wir 2018 nicht nur eine tolle Großseglerregatta erleben dürfen, sondern auch fantastisch gegessen! Leider hat Covid auch hier seine Spuren hinterlassen, viele der kleinen tollen Kneipen am Princes Wharf gibt es nicht mehr. Umso mehr war aber rund um die Marina los!
Unser Uber Fahrer setzte uns am Rande der Fußgängerzone ab und wir marschierten los. Unter dem Rumpf eines der Großsegler ging es Richtung Marina. Da hier die Reichen und Schönen ihre teils unglaublich luxuriösen Yachten liegen haben, wundert man sich nicht wirklich, wenn die Gäste für so eine Party mit einer Streeeeeeeetchlimousine angekarrt werden.
Top gestylt begrüßt man sich in der Bussi-Gesellschaft … Allerdings bläst der inzwischen immer stärker werdende Wind so manche Frisur einfach weg.
Wir schlendern über den Walkway, der nicht nur auf dem Boden immer mal wieder Maori Symbole zeigt, sondern auch eine Art Torbogen mit Maori Schnitzereien aufweist.
Hier liegen die Yachten dicht an dicht …
… und auf jeder zweiten ist eine Party im Gange!
Ein Stückchen weiter wird es dann ruhiger, hier kommt man in den Bereich der „normalen“ Boote, wir kehren um.
Und landen gleich wieder im Party Trubel – irgendwie hat das was von „Die (Un)Ruhe vor dem Sturm“ oder „Nach uns die Sintflut …“ Denn natürlich weiß längst jeder hier, was sich da zusammen braut – aber heute Abend ist es irgendwie surreal.
Die Temperaturen sind mild, der Wind zwar ab und zu ziemlich böig – aber noch weit entfernt von einem gefährlichen Sturm! Auch wir üben uns in Gelassenheit. Gehen vor zur Quay Street – und geraten in eine Demo! Iraner/innen und deren Sympathisanten marschieren mit Plakaten und Bannern die Straße entlang, es ist eine Demo für die Frauen im Iran, deren Rechte – vor allem das Recht, unverschleiert sein zu dürfen.
So sehr wir mit den Zielen der Demo sympathisieren – dass man sich den Schah zurück wünscht, erstaunt uns doch ziemlich! Nur zu gut erinnern wir uns an die vielen vor dem Schah Regime geflüchteten Studierenden in Heidelberg in den 1970ern.
Jetzt wird es langsam Zeit, ans Essen zu denken – schließlich sind wir schon seit Stunden auf den Beinen und außer ein paar Keksen hat es heute noch nichts Nennenswertes zwischen die Zähne geschafft. Leider ist es mittlerweile überall brechend voll – und natürlich wollen wir nicht in irgend einem Hinterzimmer sitzen, sondern mit Blick auf’s Geschehen rings um den Hafen. Fündig werden wir schließlich in einem urigen Irish Pub, da wurde gerade ein Tisch am Fenster frei.
Die junge Maori hinter der Theke ist traditionsbewusst – sie trägt ein „Moko Kauae„ am Kinn – eine Tätowierung für Frauen, die symbolisiert, dass diese den „Atem des Lebens“ weitergeben und eine wichtige Rolle in ihrer Gemeinde/Stamm spielen. Anders als Männer sind Maori Frauen selten im gesamten Gesicht tätowiert.
Wir bestellen Nachos, die nicht nur wirklich lecker sind, sondern auch sehr üppig ausfallen!
Während wir auf’s Essen warten und danach, beim zweiten Bier, beobachten wir das Treiben draußen am Pier – es ist wie Kino! Satt und zufrieden ziehen wir weiter, nochmal um das Hafenbecken herum. Nach wie vor steppt hier der Bär!
Hier findet gerade eine Hen’s Party stat, ein Jungesellinnen Abschied! Die Stimmung scheint prächtig zu sein – hoffentlich wird der morgige Hochzeitstag nicht vom Winde verweht …
Um die Ecke feiern noch weitere Damen ihren Abschied vom Single Dasein.
Währenddessen bemüht sich die Crew eines Seglers, die Segel sturmfest zu verstauen.
Das Wetter verdüstert sich jetzt rasant. Als die ersten Tropfen fallen, bestellen wir ein Uber Auto, das uns flott nach Hause bringt. Dort sind wir froh, dass wir es rechtzeitig ins Trockene geschafft haben – denn jetzt stürmt es draußen nicht nur gewaltig, es gießt auch in Strömen!
Noch ist unser Flug, der uns in der Nacht vom 14./15. Februar nach Singapur und weiter nach Bangkok bringen soll, nicht storniert – aber im Grunde warten wir jetzt fast schon stündlich auf eine entsprechende Nachricht. Bis spät in die Nacht bleibt aber noch alles ruhig, trotzdem gehen wir mit einem etwas mulmigen Gefühl ins Bett und sind gespannt, was der nächste Tag bringen wird.
Das war die heutige Strecke:
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