Stilvoll dem Sturm entronnen

20. Februar 2018
Heute Nacht ging’s los, der Regen war da.

Die ersten Ausläufer des ehemaligen Cyclons Gita schickten heftige Wolkenbrüche. Der Wetterbericht hatte vor Überflutungen und möglichen Straßensperrungen gewarnt.

Bis wir unser Gepäck im Auto haben, sind wir pitschnass – obwohl es direkt vor der Tür des Hotels steht! Egal – wir wollen so schnell wie möglich raus aus der Stadt, denn Richtung Norden sollte es deutlich besser werden.

Nur leider leuchtet sofort wieder die Öl-Warnlampe auf! Also ins Stadtbüro von Avis gefahren, dort die Lage geschildert – und neuseeland-typisch wird uns gesagt „Don’t worry …!“ Eine fröhliche junge Frau, die allerdings von Auto-Technik wenig Ahnung zu haben scheint, meint, wir könnten sicher noch problemlos 1000 km weit fahren …

Alles schön und gut – nur würden wir sicher mehr als 1000 km fahren! Und haben wenig Lust, evtl. mit einem Motorschaden irgendwo in der Pampa liegen zu bleiben. Sie überlegt kurz, zieht dann einen Schlüssel aus der Schublade und meint, dann würden wir eben ein anderes Auto bekommen.

Also alles umgepackt – dann sind wir endlich startklar. Es gießt wie aus Kübeln, viel sieht man nicht, es wird auch gar nicht richtig hell.

Weil auf der kürzeren Strecke zwischen Palmerston North und Napier der SH3 wegen eines Erdrutsches gesperrt und die Umleitungsstrecke über die Saddle Road führt, die teilweise nicht asphaltiert ist, fahren wir den SH2. Eine eigentlich wunderschöne Strecke – aber auch sehr kurvenreich – die über die Rimutaka Range führt.

Wenn man was sehen würde, wäre es  ein Traum – so ist es eher ein Albtraum. Schneller als ca. 40 km/h geht es nicht voran.



Dann scheint das Dunkel plötzlich etwas weniger dunkel zu werden …

Fast schlagartig reißt der Himmel auf, als wir Masterton hinter uns haben …

Und als wir schließlich nach mehr als 5 1/2 Stunden Fahrt die breite Palmen-Allee nach Napier hinein rollen, ist der Himmel blitzblau!

Unser kurzfristig gebuchtes Hotel mit dem klingenden Namen „De la Mer“ liegt direkt an der Marine Parade, nur wenige Schritte vom Wasser entfernt. Das Zimmer ist riesig, sehr hell und man kann Fenster und Balkontür WEIT öffnen (Klimaanlage gibt es auch …) Und vom Balkon aus hat man Blick auf’s Meer!

Wir sind glücklich, dass wir dem Regen entronnen sind, zufrieden mit dem großen hellen Zimmer und begeistert, dass alles so reibungslos geklappt hat.

Den Nachrichten entnehmen wir allerdings, dass es rings um Wellington sowie die Westküste hoch weiterhin extreme Regenfälle gibt. Zahlreiche Flüsse sind über die Ufer getreten, es gibt Überschwemmungen, Erdrutsche, Stromausfälle.
Ganz besonders schlimm muss es im äußersten Norden der Südinsel sein. In etlichen Bezirken wurde bereits der Notstand ausgerufen.
Und das Schlimmste kommt erst noch! Denn der Sturm soll erst am späten Nachmittag eintreffen.

Die Entscheidung, den Westen (mit großem Bedauern!) zu streichen und stattdessen in den Osten zu fahren, war also richtig. Und hier werden wir auch noch mit sommerlichen Temperaturen und strahlender Sonne belohnt.

In Napier waren wir schon zwei Mal – und jedes Mal hingerissen von der Stadt, die sich nach dem verheerenden Erdbeben 1931 und einem anschließenden Großfeuer quasi neu erfunden hat. Beim Wiederaufbau hatte man aus der Not eine Tugend gemacht – es wurde mit billigem Beton und in schlichter Art Deco Form gebaut, die pastelligen Farben der Hausfassaden kamen daher, dass man aus Geldmangel die Farben verdünnen musste.

Und weil man kein Geld für teure Architekten hatte, wurde der Wiederaufbau überwiegend von Architekturstudenten geplant und umgesetzt. Sollte man vielleicht öfter so machen …

Wir machen einen Spaziergang am Strand entlang …

So ganz erschließt sich uns Sinn und Zweck der Holzkonstruktion nicht – aber sie ist harmonisch und elegant. Eine blumenreiche Garten-Anlage folgt, mit Teich und Wasserrad

Die Victoria Sunbay schließt sich an – derzeit seltsamerweise ohne den früher vorhandenen üppigen Blumenschmuck!

Wenige Schritte weiter die anmutige Statue von Pania of the Reef.  Der Legende nach gehörte Pania zu einem Meeresvolk, verliebt sich aber in einen Häuptlingssohn an Land und heiratet ihn. Doch ihr Volk versucht immer wieder, sie ins Meer zurück zu holen. Schließlich gibt sie den Gesängen ihres Volkes nach und taucht ins Meer, um ihre Verwandten zu treffen.

Als sie jedoch wieder zurück an Land zu ihrem Mann will, ist der Meereshäuptling so erzürnt, dass er sie in Felsklippen verwandelt und sie so als Pania Riff für immer auf dem Grund des Meeres vor Napier festgehalten ist.

Obwohl das Art Deco Festival bereits am vergangenen Wochenende war, scheint noch einiges nachzuhallen. Man sieht Damen in eleganter 20er Jahre Kleidung, wunderbare Oldtimer und natürlich ist Napier insgesamt eine ungemein stilvolle und elegante Stadt.


Aber das, was man hier tagtäglich zu sehen bekommt, ist nichts im Vergleich zum alljährlichen Art Deco Festival! Vor zwei Jahren waren wir rein zufällig genau am Festival-Wochenende in Napier – und es war überwältigend! Wer Lust am Verkleiden mit Stil hat, sollte sich das unbedingt mal live ansehen – oder zumindest ein paar Fotos

Noch ein kurzer Gang durch die Stadt. Das einst so schicke Criterion Hotel ist heute eine Backpacker-Unterkunft – aber eine mit Stil! 

Die Fassaden der Häuser sind – zumindest oberhalb der teils scheußlichen Reklametafeln – stilvoll und elegant.



Vorbei am eleganten Masonic Hotel schlendern wir zurück zum Hotel – denn der ansonsten blaue Himmel verfinstert sich über dem Meer deutlich.


Wenig später geht ein Schauer runter – gefolgt von einem Regenbogen.
 
In den Nachrichten hören wir allerhand beunruhigendes aus anderen Ecken des Landes. Wir hoffen sehr, dass alles letztlich doch glimpflicher abgeht, als die teils sehr düsteren Vorhersagen prophezeien!

Die heutige Strecke – für die wir deutlich länger als die von Google berechnete Zeit gebraucht haben!

2 Kommentare zu “Stilvoll dem Sturm entronnen

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